 Anis: aus „Arznei- und Giftgewächse“ hrsg. von Hermann Wagner. 1861 (Collection Missouri Botanical Garden’s Materia Medica)
In der Geschichte gab es viele Gelegenheiten bei denen es zu einer Verbrüderung von Künstlern mit der Arbeiterklasse kam. So geschehen z.B. im Frankreich der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dort war der Absinth, eine Spirituose aus dem Schweizer Kanton Neuchâtel, zum Kultgetränk avanciert. Die sog. „Bohème“, heute eine verehrte und gefeierte Randgruppe der damaligen Gesellschaft, hatte sich dem Genuss der „grünen Fee“, wie der Absinth liebevoll genannt wurde, hingegeben. Namen wie van Gogh, Lautrec, Baudelaire, Hugo, Picasso u.v.a. sind eng mit dieser Subkultur verbunden. Aber der Absinth war auch der Liebling der einkommensschwachen Arbeiter, denn ein Rausch war deutlich billiger mit ihm zu erreichen als mit teurem Wein, Die explosionsartige Entwicklung der 1737 im schweizerischen Val-de-Travers entwickelten Rezeptur bewirkte, dass sich in der geographischen Nachbarschaft westlich vom Neuenburger See, einschließlich grenznaher Orte in Frankreich, ein regelrechter Absinth-Manufakturen-Boom ausbrach. Vorreiter war ein gewisser Henri Louis Pernod, der, um der Zahlung von Zoll in Frankreich zu entgehen seine Schweizer Destille 1805 in den grenznahen, französischen Nachbarort Pontarlier verlegte.
Alkoholische Anis-Zubereitungen sind seit der Verfügbarkeit von einfachen Destillationsverfahren im 15. Jahrhundert um das ganze Mittelmeer verbreitet: Ouzo, Raki, Sambuca, Masticha, Chinchon und Pastis sind nur einige wenige Namen dafür. Man bezeichnet diese Anis-Spirituosen auch mit dem französischen Oberbegriff „Anisées“. Der Absinth wurde einst in den Apotheken des Schweizer Jura als Hausmittel bei Magenverstimmungen verkauft. …. bitte lesen Sie hier weiter: Die Magie der grünen Fee
 Richard Wagner Bronzekopf vor seinem Haus in Tribschen (Luzern)
Auf einer kleinen Halbinsel im Vierwaldstätter See mit Blick auf die Stadt Luzern, liegt das Haus, in dem Richard Wagner von 1866 bis 1872 gewohnt hat. Hier fand er nach langer Zeit wieder Ruhe und Entspannung von seinen selbstgeschaffenen Problemen. Aus Staatsraison hatte er Hals über Kopf seinen damaligen Wohnort München verlassen müssen, denn er hatte, entgegen der Absprache mit seinem Gönner König Ludwig II., versucht sich in die bayrische Politik einzumischen. Zusätzlich hatte er sich in ein kompliziertes Beziehungsgeflecht mit zwei Frauen und einem gehörnten Ehemann begeben. Die überstürzte Abreise in die Schweiz und das gemietete Haus dort in beschaulicher Landschaft waren der Beginn eines ruhigeren und kreativen Lebensabschnittes des Komponisten. Cosima, die Mutter seiner beiden Kinder Isolde und Eva, die noch mit dem Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow verheiratet war, war erneut von Wagner schwanger. Im Sommer 1869 kam der ersehnte „Stammhalter“ in Tribschen zur Welt und wurde Siegfried genannt. Kurz danach konnte die frisch geschiedene Cosima ihren Geliebten, Richard Wagner, heiraten. In den darauf folgenden Monaten entstand das „Tribschener Idyll mit Fidi-Vogelgesang und Orange-Sonnenaufgang“ Fidi war der Kosename für die Tochter Eva, die tatsächlich einen Vogel ihr eigen nannte, dessen Gesang in den Bläserstimmen im Mittelteil des „Idyll“ verarbeitet wurde. …. bitte lesen Sie hier weiter: Richard Wagners Schweizer Idylle
 Ausschnitt aus dem Gemälde von Murillo „Die Hochzeit von Kana“ (Wickimedia Commons, gemeinfrei)
Der große spanische Maler des Barock, Bartolomé Esteban Murillo, wurde 1618 in Sevilla geboren. Anlässlich seines 400sten Geburtstages hat man in seiner Geburtsstadt in den Sälen der von ihm selbst mitgegründeten Akademie der Schönen Künste (Real Academia de Bellas Artes de Santa Isabel de Hungría) eine repräsentative Ausstellung seiner Werke gezeigt. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um die Darstellungen religiöser Sujets, die aber in zeitgenössische Alltagssituationen projiziert waren. Daher entpuppte sich die ganze Ausstellung als eine faszinierende Schau des barocken Lebens in der Stadt Sevilla, die zu Murillos Zeiten eines der führenden Handelszentren der iberischen Halbinsel war. Die engen Verbindungen der andalusischen Stadt zu den amerikanischen Kolonien sorgten damals dort für eine weltoffene und stimulierend kosmopolitische Atmosphäre.
Dass auch Luxus und Wohlstand Bestandteil dieser Gesellschaft waren, zeigte Murillos Bild „die Hochzeit zu Kana“ (Joh.2,1-12). Der Inhalt dieser Geschichte aus dem Neuen Testament ist schnell zusammengefasst: …. bitte lesen Sie hier weiter: Der Maler Murillo als Zeuge der Geschichte des Weins
 Alkoholisierter Elephant? Aus dem Calwer historischen Bilderbuch, Tafel 60, 1883
Von uns Menschen wissen wir nur zu genau, dass die Bedeutung des Trinkens und auch des Essens weit über die Bereitstellung von Nährstoffen für den täglichen Kalorienbedarf hinaus geht. Essen und Trinken sind wesentliche Bestandteile der Lebensfreude und des Genusses. Beinahe so alt wie die Menschheit selbst ist die Erkenntnis, das zucker- oder stärkehaltige Flüssigkeiten bei warmer Temperatur vergären können und danach noch höheren Lustgewinn erzeugen. Bei exzessivem Genuss alkoholischer Getränke entstehen Rauschzustände, die die Konsumenten „angeheitert, torkelnd und kommunikativ“ erscheinen lassen. Wir glauben vielfach, dass diese Alkohol-bedingten Rauschzustände etwas sehr spezifisch Menschliches seien und, dass komplette Nüchternheit nur bei Tieren vorkommen würde. Dass dies mitnichten so ist zeigen zwei willkürlich ausgewählte Beispiele:
Manche Vögel lieben den Traubenmost – sowohl in seinem fruchtigen Original, wie in seinem vergorenen Zustand. So sehr, dass Schwärme von Vögeln im Herbst die Trauben ganzer Weinberge gierig in ihren Schnäbeln verschwinden und die Weinbauern ohne Ernte dastehen lassen. Als Ergebnis von Gärprozessen finden sich Spuren von Alkohol praktisch immer bereits in den reifen Trauben und zeigen damit den Vögeln an, dass die Beeren zum Verzehr geeignet sind. Sie benötigen in ihrer Nase das biologische „o.k.” des vergorenen Mostes um sich dem Genuss hingeben zu können. …. bitte lesen Sie hier weiter: Darwins Abstammungslehre und der Alkoholgenuss
 Der individuelle Fruchtgeschmack wird u.a. durch Thiol-Verbindungen vermittelt. Bild von suju auf Pixabay
Chemisch betrachtet sind Thiole (vom griechischen “ theío“ = Schwefel) organische Verbindungen, die den Alkoholen ähneln, aber statt des Sauerstoffatoms ein Schwefelatom enthalten, daher werden sie auch als Thioalkohole bezeichnet. Sie sind ein ganzer Strauß von chemisch leicht abgewandelten Molekülen, die sehr geruchsintensiv sein können und z. B. verantwortlich für den aggressiven Duft der Stinktiere (Mephitidae), ebenso wie für den der Zwiebel und den des Knoblauchs sind. Wegen der geruchlichen Missempfindung, die diese Substanzen beim Menschen erzeugen können, werden sie auch im Gaswerk dem Haushaltsgas als olfaktorisches Warnsignal beigemengt. Auch der charakteristische Geruch von Milchprodukten, einschließlich des überreifen Käses, wird von Thiolen mitbestimmt. Andererseits können Thiole auch sehr positive Geruchsempfindungen auslösen, man denke nur an die Grapefruit-, Zitronen- und Limettenaromen beim Sauvignon Blanc und der Scheurebe. Die Passionsfrucht- und Muskat-Aromen der Traminer-Familie sowie die schwarze Johannisbeere beim Cabernet Sauvignon sind ebenfalls durch spezifische Thiole mit bedingt. Auch Feuersteinaromen, die im Wein gelegentlich den Eindruck von großer Mineralität vermitteln können (z.B. beim „Fino“ aus Jerez de la Frontera), sind strukturell wiederum Thiole.
…. bitte lesen Sie hier weiter: Was Thiole im Wein alles bewirken.
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Etwas über uns … Im Blog "Spaniens Weinwelten" hat der Journalist und Weinkritiker Thomas Götz unter dem Titel „Los Barrancos – der Wein, der Vogel und die schönen Künste“ unser „Vogel-Projekt“ sachkundig beschrieben und kommentiert.
Und hier "Spanischer Biowein, Buchlesung und Kaminfeuer auf Langeoog“ finden Sie zusätzliche Informationen über unsere Aktivitäten.
Kreativität und Wein
In meinem „önosophischen Blog“ widme ich mich im weitesten Sinne kulturellen Themen und dies, obwohl der aus dem Griechischen abgeleitete Begriff „Önosophie“ eigentlich nur die „Weisheit vom Wein“ bedeutet. Wie der Wein selbst können auch die Gedanken eines Weingeniessers gelegentlich in ein breiteres zivilisatorisches Umfeld geraten und Bereiche wie die Musik, die Philosophie, die bildende Kunst, die Literatur und auch die Gesellschaftspolitik umfassen. Dieses Spektrum versuchen die unterschiedlichen Thematiken meiner Beiträge auszudrücken, wobei mir der Wein gelegentlich schöpferisch zu Hilfe kommt.
Wein trinken und genießen ist etwas Emotionales, und im Wein kann der Künstler Inspiration finden. Keiner hat dies schöner und treffender ausgedrückt als Shakespeare in seinem "König Heinrich der Vierte" (2. Teil, 4. Aufzug, 3. Szene) , wo er den lebensfrohen Falstaff in der Übersetzung der beiden Schlegels ausrufen lässt:
(Der Wein) „steigt Euch in das Gehirn, zerteilt da alle albernen und rohen Dünste, die es umgeben, macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von behenden, feurigen und ergötzlichen Bildern; wenn diese dann der Stimme, der Zunge, überliefert werden, was ihre Geburt ist, so wird vortrefflicher Witz daraus".
Vortrefflicher Witz können natürlich auch die schönen Farben und Formen des Malers oder Bildhauers bzw. die spannenden Klänge des Musikers sein. „Vortrefflichen Witz“ hat auch Antonio Machado, Spaniens bedeutendster Lyriker des 20. Jahrhunderts mit einem wunderschönen, schnörkellosen Gedicht zustande gebracht (meine holprige Übersetzung bitte ich zu entschuldigen):
Un vino risueño me dijo el camino
Yo escucho los áureos consejos del vino
Que el vino es a veces escala de ensueño.
Abril y la noche y el vino risueño
Cantaron en coro su salmo de amor
Ein lächelnder Wein wies mir den Weg
Ich vernahm seine goldenen Ratschläge
Denn der Wein ist manchmal eine Stufe zu den Träumen.
Der April, die Nacht und der lächelnde Wein
Sangen gemeinsam ihren Psalm der Liebe
Ich hoffe, dass Sie Freude an meinem Blog und an unserer kleinen und exklusiven Auswahl spanischer Weine haben.
Peter Hilgard
Wir meinen, Wein ist eine Kultur des moderaten Genusses
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