Verwirrung über den Namen „Klarett“-Wein

Die Rose ist die Namensgeberin des Roséweins

Nur noch sehr selten hört man den Begriff „Klarett“ als Bezeichnung eines bestimmten Weintyps. Wo kommt der Name her und was bedeutet er? Der Ursprung ist das lateinische „clarus“, was so viel wie klar, hell, leuchtend oder glänzend bedeutet. Dem lateinischen Wort entsprechend wurde in der Region um Bordeaux in Frankreich ein etwas dunklerer Rosé als „clairet“ bezeichnet. Diesen Weintyp gibt es seit dem Mittelalter und er war damals das Ergebnis eines nur sehr kurzen Kontaktes roter und weißer Schalen mit dem gärenden Most. Aufgrund der relativ hohen Temperaturen während des Gärprozesses, war die „stürmische Gärung“ ausserordentlich intensiv und dauerte meist nur knapp zwei Tage. Dann wurde der junge, rosafarbene Wein sofort von der Maische getrennt und in Fuder, oder andere Behälter gefüllt. Von dort wurde er, nach unterschiedlichen Reifezeiten, an die Kunden in Kannen, kleinen Holzfässern oder großen dickbauchigen Glasflaschen verkauft. Man kann sich gut vorstellen, dass der „Clairet“ eher selten wirklich klar war, er enthielt schwebende Hefeteilchen sowie andere Trubstoffe und, wenn er jung
war, noch reichlich Kohlensäure. Diese traditionsreichen Jungweine waren im 19. Jahrhundert so populär, dass ihnen eine eigene regionale Herkunftsbezeichnung mit Namen „Bordeaux Clairet“ verliehen wurde, die heute noch existiert. Die Qualität der Weine hat sich seit dem Mittelalter, dank der Fortschritte in der Önologie, ganz erheblich verbessert.

Die Region Bordeaux geriet im 14. Jahrhundert, wie fast die ganze Provinz Aquitanien, unter englische Herrschaft und blieb es bis 1453. In dieser Zeit entwickelte sich die Liebe der Engländer für die Clairets und sie importierten diese hellen Rotweine in großen Mengen in ihre Heimat, wo sie die analoge englische Bezeichnung „Claret“ erhielten. Später verlagerte sich die Begeisterung der britischen Weinfreunde auf die dunklen, extraktreicheren Bordeauxweine des heutigen Stils und der bereits fest etablierte Name Claret wurde dann einfach auf diese transponiert und ist unverändert das allgemeine Synonym für einen Bordeaux.

Die erste Blütezeit der spanischen Rioja fiel in die Zeit der Reblaus an der Gironde. Komissionäre und französische Winzer brachten kurzerhand die Vinifikationmethoden von Bordeaux an den Ebro und machten dort Weine, die denen ihrer bordelaiser Heimat glichen und zu einem immensen kommerziellen Erfolg wurden. Entsprechend dem englischen Vorbild wurden diese frühen Riojas „claretes“ genannt. Bis zum spanischen EU-Beitritt im Jahr 1986 gab es sie noch, obwohl sie auch nicht mehr leuchtend hell und klar, sondern eher rubinrot waren.

In Österreich wurde der Begriff „clairet“ zu „Klarett“ verdeutscht und als Synonym für einen, nach klassischer Art aus roten Trauben vinifizierten Roséwein benutzt. Recherchiert man in Deutschland nach „Klarett“ findet man immer wieder die Angabe, dass es sich um „einen mit Gewürzen versetzten Rotwein“ handele. Ich nehme an, dass es sich da um ein mehrfach falsch tradiertes Zitat eines missverstandenen Begriffes handelt.  In Hans Ambrosis Lexikon „Wein A bis Z“ (Gräfe und Unzer Verlag, München 2002) steht unter dem Stichwort Klarettwein: „Nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung für Roséwein.“ Dabei wollen wir es gerne belassen!

Über Roséweine ganz allgemein habe ich in diesem blog schon mehrfach enthusiastisch geschrieben („Charmeoffensive“ und „Federrosé“): ich liebe diese Weine, weil sie, wenn sie gut und sorgfältig gemacht sind, Geist und Seele eines Rotweins in sich tragen und beides mit unbeschreiblicher Zärtlichkeit vermitteln können. Wenn man sie aber eisgekühlt als sommerliches Erfrischungsgetränk herunterkippt verpasst man genau diese sinnliche Erfahrung und damit einen sehr erlebenswerten Aspekt der Mystik des Weins.  Über die Farbe eines Rosé kann man lange debattieren. Während die erwähnten Klarett-Weine eher dunkel sind, gibt es am anderen Ende der Farbskala in Frankreich den „Vin gris“, in Kalifornien den „Blush wine“und in Deutschland den „Weißherbst“, alle drei sind meist blass mit einem fleischfarbenen Ton. Zwei Eigenschaften, die man beim Rotwein auf keinen Fall am Gaumen spüren möchte, kann man beim Rosé tolerieren, ja sie geben dem Wein sogar einen gewissen Charme: zarte Restsüße und etwas gelöste Kohlensäure. Ich meine, dass der Restzucker bei entsprechender Säure durchaus zwischen 9 und 12 g/l liegen kann. Dann ist der Gesamteindruck des Weins noch eher trocken, aber er zeigt ein rundes, volles Mundgefühl in dem sich die (hoffentlich!) vorhandene Frucht leichter offenbaren kann. Gute Clairets aus der Appellation Bordeaux-Clairet sind im on-line-Handel übrigens reichlich verfügbar.

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