Es geht um die Liebe

Symbol der Liebe als Naturereignis oder phototechnisch fabrizierter Himmelskitsch? (Pixabay)

Vielleicht erstaunt den Leser eines „önosophischen Blogs“ der Titel dieses Beitrags. Über die Liebe zu schreiben ist nun wirklich nicht originell und wenn ein Autor es trotzdem tut, sollte er schon einen besonderen Grund dafür haben. Urteilen Sie bitte selbst, ob dies hier zutrifft! Was ist denn überhaupt Liebe? In Lehrbüchern der Psychologie finden wir meist eine Definition, die so oder so ähnlich lautet: Liebe ist ein Gefühlszustand der starken Zuneigung. Wenn wir uns die körperlichen Reaktionen vor Augen führen die Liebe verursachen kann, wie erhöhten Herzschlag, feuchte Haut und Hände oder stärker durchblutete, rote Wangen, können wir beobachten, wie seelische Vorgänge eine somatische Reaktion auslösen. Am deutlichsten wird dies wenn sich die Liebe auf einen Partner oder eine Partnerin bezieht. Zwischenmenschliche Beziehungen sollen aber nicht mein Thema sein, denn ich möchte aufzeigen, dass wir auch leblose Gegenstände lieben, d.h. ihnen gegenüber einen Gefühlszustand der leidenschaftlichen Zuneigung erreichen können. Als Stufe zwischen der erwähnten Partnerliebe und der reinen Objektliebe könnte man z.B. die Tierliebe oder die Liebe zur Natur ansehen. Auch diese beiden Emotionen können, wie die Partnerliebe, zur Obsession werden. Eignen sich andere Lebewesen, wie Hunde, Katzen, Kaninchen oder die Tiere in freier Wildbahn als liebenswerte Partner für den Menschen? Die Antwort der meisten Menschen ist vermutlich ein eindeutiges „Ja“. Damit ist widerlegt, dass Liebe wesentlich auf gegenseitigem Geben und Nehmen beruhen muss. Man kann sich kaum vorstellen, dass ein im Käfig eingesperrter Kanarienvogel seinen Halter liebt! Trotz des häufigen Mangels an Empathie von Seiten der Haustiere, werden sie geliebt, vermutlich deshalb weil auf ihr Verhalten einfach menschliche Regungen projiziert werden.

Die Objektliebe basiert ganz wesentlich auf der Sinnlichkeit des infrage stehenden Gegenstandes und ist damit, genau wie die Partnerliebe, außerordentlich subjektiv. Nehmen wir ein beliebiges Gemälde, welches von einer Person heiß geliebt wird und beim wiederholten Ansehen im Museum persistent die o. e. körperlichen Reaktionen als Zeichen entflammter Liebe beim Betrachter auslöst. Das Bild scheint Sex-Appeal zu haben und dnr latente Wunsch entsteht, es zu besitzen. Noch viel krasser ist es bei einem Musikstück: die Sinnlichkeit überwältigt den Zuhörer und er kann in eine Art von Rauschzustand geraten. Er möchte es wieder und wieder hören. Auch Essen und Trinken können zu sehr intensiven Ereignissen der Objektliebe werden. Die Sinnlichkeit eines speziellen Weins mit seiner besonderen Aromatik und Struktur am Gaumen kann ein erotisches Erlebnis sondergleichen sein und zu einer wahren Liebesbeziehung zwischen dem Genießer und dem Flascheninhalt werden.

Leidenschaftliche Liebe induziert Zustände im Körper und insbesondere im Gehirn, die einer Sucht gleichen. Botenstoffe wie das sogenannte Glückshormon Dopamin überfluten unser Denkorgan. Der oder die Betroffene wird euphorisch. In Heinrich Heines (1797 – 1856) humorvollen, für ein französisches Publikum geschriebenen Werk über die sog. „Elementargeister“ in seiner deutschen Heimat, habe ich nachfolgende Sätze gefunden. Der Autor beschreibt eine hässliche Kröte, die sich durch die positive Einstellung der Prinzessin in einen Prinzen verwandelt: „Das krötige Ungeheuer muss dreimal geküsst werden, und es verwandelt sich in einen schönen Prinzen. Sobald du deinen Widerwillen gegen das Hässliche überwindest und du das Hässliche sogar liebgewinnst, so verwandelt es sich in etwas Schönes. Keine Verwünschung widersteht der Liebe. Liebe ist ja selbst der stärkste Zauber, jede andere Verzauberung muss ihr weichen. Nur gegen eine Gewalt ist sie ohnmächtig. Welche ist das? Es ist nicht das Feuer, nicht das Wasser, nicht die Luft, nicht die Erde mit allen ihren Metallen; es ist die Zeit.“ (Heinrich Heine: Elementargeister -Berliner Ausgabe- 1917. M. Holzinger Verlag o.J.)

Die Zeit ist der große Killer der Liebe. Gewöhnung, Routine, Verhaltensunterdrückung oder Habituation kann man dieses Phänomen nennen. Bei der Partnerliebe sagt die Statistik, dass die Hälfte aller Ehen in unserem Lande geschieden werden. Bei der Objektliebe nehme ich an, dass das zeitbedingte Ende der Zuneigung in beinahe 100 % der Fälle eintritt. Feuer, Wasser, Luft und Erde, also die klassischen vier Elemente der griechischen Philosophen, können die wahre Liebe nicht zerstören, aber die Zeit kann es – und tut es in den meisten Fällen. Die Leidenschaft versiegt mit der Zeit, im besten Falle weil sich andere Lieben auftun und wir zu neuen Ufern aufbrechen. Aber selbstverständlich ist mir auch Liebe bekannt, die durch die Zeit an Tiefe und Intensität gewonnen hat. Wie sehr wir Menschen dieser Emotionen der Partner- oder Objektliebe bedürfen hat Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) in schönen Zeilen beschrieben.! (Johann Wolfgang von Goethe: Poetische Werke, Band 2, Berlin 1960):

Bleibe, bleibe bei mir,
Holder Fremdling, süße Liebe,
Holde, süße Liebe,
Und verlasse die Seele nicht!
Ach, wie anders, wie schön
Lebt der Himmel, lebt die Erde,
Ach, wie fühl ich, wie fühl ich
Dieses Leben zum ersten Mal!

Bleiben Sie stets neugierig …und genussvoll durstig!

 

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