Der Effekt von UV-Strahlen auf das Rebwachstum

Auf 1.300 m.ü.M. ist selbst am 38. Breitengrad Schnee im Winter keine Seltenheit.

Ein Weingutsbesitzer, dessen Rebgärten („Bodega Los Barrancos“) sich am 38. Breitengrad auf 1.300 Metern über dem Meeresspiegel befinden, muss sich zwangsläufig mit dem Thema Sonneneinstrahlung und Rebwachstum beschäftigen. Alleine die geografische Lage, tief im Süden, bewirkt ja eine wesentlich höhere Strahlungsintensität der Sonne als sie im Norden vorkommt. Der Winkel in dem sie auf die Erde trifft ist im Sommer der Senkrechten angenähert, d.h. der Weg den die Sonnenstrahlen durch die Atmosphäre nehmen müssen um zur Erde zu gelangen, ist deutlich kürzer. Das hat konsequenterweise eine höhere Strahlungsintensität zur Folge.Man hat beispielsweise berechnet, dass in der Wüste Sahara, also noch ein Stück weiter südlich, die Sonneneinstrahlung im Jahresdurchschnitt doppelt so hoch ist wie in unseren Breitengraden.

Zu den geografischen Gegebenheiten kommt noch die Höhe der Reblagen hinzu. Eine grobe Kalkulation besagt nämlich, dass pro 1.000 Metern Höhe die Strahlungsintensität um 30 % zunimmt. Für die aktuelle Höhe der oben genannten Reblagen von Los Barrancos wären es demnach beinahe 40 % mehr Sonnenstrahlung als ein paar Kilometer entfernt am Mittelmeer! Was sind das für Strahlen, die die uns von morgens bis abends von der Sonne erreichen? Zunächst ist es sichtbares Licht, welches sich aus den Spektralfarben (Regenbogen!) zusammensetzt. Am roten Rand des Spektrums befindet sich das sog. Infrarot, welches wir als Wärme wahrnehmen. Auf der anderen Seite der Farbskala liegt das Ultraviolett (UV) mit seinen profunden Wirkungen in der Biologie von Mensch, Tier und Pflanze. Die Physiker teilen die UV-Strahlung wiederum in drei Arten ein: UV-A, UV-B und UV-C, die letztere, energiereichste, wird, Gott sei Dank, von der Erdatmosphäre praktisch vollständig absorbiert und erreicht uns so gut wie überhaupt nicht. Mit der energiearmen UV-A und der gefährlicheren UV-B Strahlen müssen alle Lebewesen lernen umzugehen und sie zu nutzen bzw. sich davor zu schützen.

Die teilweise von der Ozonschicht unserer Erde, je nach deren lokaler Beschaffenheit, abgeschwächten UV-B-Strahlen sind die biologisch aktivsten. Sie erzeugen nicht nur den gefürchteten Sonnenbrand sondern greifen in unendlich viele biologischen Prozesse in der Natur ein. Es wurde u. a. in einigen Studien eine deutliche Verminderung der Ernteerträge unter intensiver UV-B-Bestrahlung festgestellt. Anderseits kann genau diese Strahlung auch positive Wirkungen bei Pflanzen entfalten. Hinzu kommt, dass Pflanzen, die in großen Höhen gedeihen, eine Art Resistenz gegen die UV-B-Strahlen entwickeln können. Die UV-A-Strahlen, die die Atmosphäre völlig ungehindert passieren, wirken positiv auf das metabolische Geschehen in der Pflanze und bilden sogar einen gewissen Schutz gegen die UV-B-Strahlen.

Wie für alle Pflanzen steht auch für den Wein die sog. „Photosythese“ im Zentrum seiner Überlebensstrategie. Es ist der Prozess mit dem der Rebstock seine Energie aus dem Sonnenlicht (sichtbar und UV) sammelt und speichert. Die Gesamtheit der die Photosynthese aktivierenden Strahlung wird in der Fachliteratur übrigens als „PAR“ (photosynthetically active radiation) bezeichnet. Die PAR wird mittels des grünen Pigments „Chlorophyll“ in den Blättern absorbiert und zusammen mit Kohlendioxid (CO²) aus der umgebenden Luft und Wasser aus dem Boden, beim Wein als Zucker (Kohlenhydrat), gespeichert. Während des Reifeprozesses, insbesondere während der letzten Wochen vor der Lese, reichert sich der Zucker in den Trauben an. Davon leben dann die Pflanze und der Weinfreund! Selbstverständlich gibt es auch beim Wein das Phänomen der Lichtsättigung, was bedeutet, dass ein innerer Kontrollmechanismus die Menge der PAR-induzierten Zuckersythese reguliert.

Schäden durch ultraviolettes Licht können, gerade in höheren Lagen, bedrohlich werden. So ist der „Beerenbrand“ (auch Sonnenbrand genannt), bei dem sich die Blätter und Beeren braun verfärben, austrocknen und schließlich absterben, ein bekanntes Phänomen, dem man von außen nicht beikommt. Gott sei Dank, stellt der Rebstock sog. Flavonoide und Phenole zur Verfügung, die das UV-B Licht unschädlich machen aber den Rest des Lichtspektrums unbeeinflusst lassen, so dass die Photosythese ungehindert ablaufen kann.  Manche Winzer sprechen aus eigener Erfahrung sehr positiv von der UV-Bestrahlung, denn sie glauben fest, dass diese zuständig für eine deutlich feinere Aromatik der Moste sei. Ob das etwas mit den als Abwehrmechanismus bereitgestellten Phenolen, zu denen ja schließlich auch Gerbstoffe gehören, zu tun hat?  Die Forschungen des österreichischen Biologen Rainer Hofmann, der gegenwärtig an der Neuseeländischen Universität von Lincoln tätig ist, bestätigen voll und ganz diese Beobachtungen. Hoffmann sieht die im Rahmen des Klimawandels zunehmende UV-Belastung der Rebstöcke unter einem positiven Aspekt. Ultraviolette Strahlen, auch die in Höhenlagen, haben  entgegengesetzte biologische Wirkungen und es hängt letztlich von weiteren Faktoren, wie der Rebsorte, der Bodenbeschaffenheit und dem zusätzlichen Mikroklima, ab, welche davon im Vordergrund stehen und Charakter und Geschmack des Weines mitgestalten.  

 

 

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