Liebeserklärung an einen „Summer Drink“: Pimm‘s No. 1:

James Pimm (1798–1873) Gründer von Pimm´s Oyster Bar, dem Ort der Schöpfung des Pimm´s No. 1 (Abb. gemeinfrei)

Nach den anfänglich strikten Ausgangsrestriktionen am Beginn der Corona-Krise, beginnen wir jetzt wieder uns an die Sommer-Saison zu erinnern. Werden wir verreisen dürfen oder wird der Urlaub gestrichen? Was machen die Urlaubsländer, werden sie ihre Grenzen für einen vorsichtigen Tourismus öffnen? Fragen über Fragen auf die es noch keine Antwort gibt. Das sind dann Situationen in denen man gerne in den Erinnerungen kramt um sich vorzustellen, wie es sein könnte. So kam es, dass ich mich an einen Bilderbuch-Sommer vor mehr als 20 Jahren in London erinnerte. Ich saß mit Benny und Irene Lynch im Garten ihres Hauses auf der Lonsdale Road im Bezirk SW13. Die weißlackierten Gartenmöbel aus Holz leuchteten freundlich  vor dem Hintergrund mit den vielen Grünschattierungen der Büsche und Bäume. Auf dem Tisch stand eine sehr große Glasschale in der sich Gurken- und  ein paar Orangenscheiben, eine Zitronenschale und mehrere Zweige frische Pfefferminze befanden. Benny stand auf und holte eine Flasche „Pimm´s No. 1“ während Irene eine Schüssel mit Eiswürfeln brachte.  Die ganze Flasche wurde in die Schale mit dem Obst bzw. den Gurken gegossen und das Eis dazugegeben. Nach einigen Minuten „Ziehzeit“, während denen Benny ausführliche Erklärungen abgab, was er in diesem Augenblick vorbereite, nahm er eine Kelle aus dem großen Ansatz in der Schale und goss sie in ein bauchiges Stielglas, Schließlich füllte er das zu einem Drittel volle Glas mit klarer Zitronenlimonade und ein paar Eisstückchen auf. Nach dem obligaten „Cheers!“ führte ich die leuchtend, rotbraune Flüssigkeit zum Mund. Schon der intensiv kräutrig-fruchtige Duft erschien wie ein großes Versprechen. Und tatsächlich, am Gaumen entfaltete sich ein wunderbares, zart bitteres Geschmackserlebnis, in dem Aromen von Mispeln, Birnen, Quitten und Zitrusfrüchten neben ein wenig von weihnachtlicher Würze mitschwangen. Alles sehr schön ausgewogen und unheimlich erfrischend!

Benny hatte erzählt, dass der „Pimm´s“ beim Tennisturnier im nahe gelegenen Wimbledon, das Getränk der sportbegeisterten „High Society“ sei und den Zuschauern zu Wucherpreisen angeboten würde. Die Liebhaber des eiskalten Gebräus loben seinen geringen Alkoholgehalt (unverdünnt 25 Vol.-%), der verhindert, dass man die Schläger der Kontrahenten am Ende doppelt sieht! Wie viele der schönen Dinge in „Merry Old England“ hat auch der Pimm´s eine lange Geschichte, die man in einem sehr informativen Wikipedia-Beitrag nachlesen kann. Kurz zusammengefasst stellt sich der Ursprung folgendermaßen dar: ein Herr  James Pimm (1798–1873)  hat 1840 in seiner Londoner „Pimm’s Oyster Bar“ als Begleitung zu den Austern ein Mixgetränk auf  der Grundlage von Gin kreiert. Dies war das Original, der „Pimm’s No. 1“, der angeblich noch immer nach exakt dem gleichen Rezept hergestellt wird. Später folgten dann noch andere Pimm´s Nummern, die aber nie die Beliebtheit der Number One erreichten. Vorbild für James Pimm´s Schöpfung war vermutlich, der seinerzeit sehr beliebte „Gin Sling“. Dies war ein, dem späteren Martini ähnlicher Cocktail, dessen früheste Erwähnung ein Dokument von 1785 aus den USA darstellt. Die Inhaltsstoffe, die neben dem Gin und einem Körnchen Chinin dem Pimm´s den typischen Charakter in Duft und Geschmack geben, sind entsprechend der Vermutung von Hobby-Analysten, noch Orangenlikör, Zitronenschalen, Curry, Nelken, Kräuter und verschiedene aromatische Wurzeln. Wie gesagt, das ist Spekulation, denn genau wissen es angeblich nur sechs Mitarbeiter des multinationalen Getränkeriesen Diageo, mit Sitz in London. Was wir allerdings wissen ist, dass 100 ml Pimm´s 14 g Zucker enthalten (72 kcal).

Wenn ich den Pimm´s kategorisieren müsste, würde ich ihn heute zu den „Longdrinks“ zählen. Eine Generation vor mir hätte man ein wie oben beschriebenes Getränk wahrscheinlich eine „Bowle“ genannt. Wenn man der traditionellen Empfehlung folgen möchte, sollte ein Drittel Pimm´s mit zwei Dritteln Erfrischungsgetränk aufgefüllt werden. Der entstandene Drink hat dann eine dem Bier vergleichbare Alkoholstärke und lässt sich, eisgekühlt bei warmen Temperaturen besonders gut genießen. Ich habe schon Pimm´s-Schwärmer getroffen, die sich noch einen zusätzlichen Schluck Gin ins Glas kippen um ihm ein wenig mehr Power zu geben. Ob man als Durstlöscher Limonade,  Tonic oder Ginger Ale dazu gibt , hängt vom persönlichen Geschmack und der Stimmung im Augenblick des Genusses ab. Auch das gibt´s: Das Auffüllen des Pimm´s mit Prosecco, Sekt oder, für den ganz besonderen Anlass auch Champagner, dies sind dann sehr zivilisierte Alternativen zu „Spritz“ bzw. „Hugo“ und dabei ebenso erfrischende Sommerdrinks. Die Schaumweinvarianten nennt man gelegentlich „Pimm´s Royale“ mit Champagner wäre es dann, reichlich „snobbish“ der „Pimm´s Imperiale“. Die englische Genußkultur ist geschmacklich etwas ganz Besonderes und Einmaliges. Wer sich an Worchester Sauce und Ploughman‘ s Pickles begeistern kann ist auf dem richtigen Weg die Aromen, die auch Queen Victoria und Prince Albert begeistert haben, zu würdigen. Pimms Nr. 1 gehört zu diesem sehr reizvollen „flavour of Britishness“ .

Bleiben Sie stets neugierig… und durstig!

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