Bietet „terra preta“ einen Vorteil für die Reben?

Würde „Terra preta“ zu noch besserem Wein führen?

In der Kulturgeschichte des Menschen gebührt der Geschichte der Landwirtschaft besondere Aufmerksamkeit, denn um das Überleben unserer Spezies zu garantieren bedurfte es zu allen Zeiten und in allen Regionen der Erde Techniken, die mit der stetig wachsenden Bevölkerung die Effizienz der Nahrungsmittelproduktion  steigerten. Dazu gehörte auch die Bodenbearbeitung, die im Laufe der Jahrtausende durch Verbesserungen und Innovationen erhebliche Fortschritte gemacht hat. Irgendwann in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts hat sich ein Team von Archäologen und Biologen in den brasilianischen Regenwald des Amazonas-Gebietes aufgemacht um dort nach Spuren der alten amerikanischen Hochkulturen zu suchen. Dabei stießen sie nicht nur auf deutliche Hinweise für eine rege Kultur in dieser aus klimatischen Gründen schwer bewohnbaren Gegend, sondern fanden auch an manchen Stellen eine seltsame, torfartige Schwarzerde, die sie einfach „Terra preta“ (portugiesisch = schwarze Erde) nannten. Es stellte sich schnell heraus, dass dieser Boden einst von Menschen erzeugt wurde und als Basis für Nährpflanzen diente. Die Analyse der Terra Preta brachte zu Tage, dass sie eine Art Humus aus Holzkohle, Asche, Küchenmüll und tierischen sowie menschlichen Fäkalien war. Die Kohle waren offensichtlich die Reste von Feuerstellen und die Abfälle stammten von der täglichen Speisezubereitung. Das Ganze war also so etwas wie ein flächenhafter Komposthaufen bei dem die Kohle eine ganz besondere funktionelle Rolle spielte.

Wie wir heute wissen funktionierte die sehr poröse Holzkohle in der terra preta nicht etwa als Düngemittel sondern sie war einerseits ein Absorbtionsmaterial für die sich im Abfall bildenden Giftstoffe wie bakterielle Toxine während der Fermentation  des Bodens (vergl. die Wirkung der sog. „Aktivkohle“). Die Kohle war ebenfalls ein effektiver Träger für die Nährstoffe aus den Abfällen sowie letztlich auch ein attraktiver Aufenthaltsort für die verschiedensten Mikroorganismen des Bodens. Eine genaue und übersichtliche Beschreibung der Terra preta findet sich im Internet. Die Zivilisation am Amazonas konnte vermutlich nur überleben, weil der fruchtbare Boden der Terra preta sehr große Erntemengen zuließ. Ist es da verwunderlich, dass sich mit der Verbreitung dieses Wissens auch der Weinbau begann für  dieses Thema zu interessieren? Zusätzliche Eigenschaften wie Verbesserung der Wasserspeicher-Kapazität und eine Bereicherung der physiko-chemischen Verhältnisse des Bodens haben insbesondere Bio-Winzer aufgegriffen und Terra preta (in dem Fall etwas vereinfacht: mit Holzkohle angereicherter Humus) entweder selber hergestellt oder kommerziell erworben und in ihre Rebgärten gebracht.

Kann Terra preta die Charakteristik und die Qualität der auf ihr gedeihenden Rebstöcke bzw. deren Weine tatsächlich beeinflussen? Eine auf gesicherten Studien beruhende Antwort auf diese Frage lässt sich z. Z. nicht geben. Die Tatsache, dass es vornehmlich Bio-Winzer sind, die mit der Schwarzerde der Indios experimentieren erschwert die Beurteilung, denn gerade in diesem Bereich sind ja viele Parameter sehr viel anders als im konventionellen Weinbau. Aufgrund des veränderten Vermögens Minerale zu speichern könnte man annehmen, dass sich der „Terroir“-Charakter eines Weines von der Terra preta verändert. Dies berührt das immer wieder kontrovers diskutierte Thema der Mineralität im Wein.

In einem Beitrag zu diesem blog habe ich im Zusammenhang mit „terroir“ vom Boden als der „Heimat“ des Weins gesprochen. Wollen wir diese mit zugesetzter  Terra preta dem Wein womöglich wegnehmen? Auf gar keinen Fall! In der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im unterfränkischen Veitshöchheim weist man außerdem darauf hin, dass noch zu wenig über die Langzeitwirkung der Terra preta auf die Pflanzen bekannt ist. Schließlich sind die Kulturen in Brasiliens Regenwald untergegangen und die Frage des Warum steht unbeantwortet im historischen Raum. Hatte es etwas mit der Ernährung zu tun? Außerdem dürften Ertrags- bzw. Wachstumssteigerungen durch terra preta in unseren Rebgärten bei bereits vorhandenen guten Böden sowieso eher unwahrscheinlich sein. Die „schwarze Wundererde“ der Indios wird, wie bereits erwähnt,  zwischenzeitlich schon industriell hergestellt und ist auf dem europäischen Markt verfügbar. Bleibt nur die Frage: Cui bono?

 

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