Als ich in den frühen 60iger Jahren mit einem Studienfreund und einem Fiat Topolino ins Land des Caudillo Francisco Franco fuhr hat mich das Essen dort wenig beeindruckt. Aber vermutlich war es genau wie heute: für wenig Geld bekam man eben auch wenig Qualität. Es dauerte damals nicht lange bis ich die elipsenförmig abgerundeten Blechdosen, in denen sich Thunfisch befand, kennen und schätzen lernte. Von da an habe ich meinen täglichen Kalorienbedarf auf der Reise durch Spanien praktisch nur noch mit frischem Weißbrot und Thunfisch in Olivenöl aus der Dose gedeckt. Später habe ich dann schnell gemerkt, dass es nicht der gewöhnliche dunkle Thunfisch war, den ich in übermäßigen Mengen vertilgte, sondern der kantabrische, weiße Bonito del Norte. Übrigens, Thunfisch ist ja berüchtigt für seinen relativ hohen Quecksilbergehalt, aber Anzeichen einer Quecksilberbvergiftung habe ich damals bei mir nie beobachtet.
Die Familie der Thunfische (lat.: Thunni) ist weit verzweigt und enthält Makreelen, Heringe und Sardinen. Gelegentlich werden sie auch fälschlich „blaue Fische“ genannt. Sie kommen, außer in den Polarmeeren, so gut wie überall vor und halten sich meist in größeren Tiefen auf. Die Thunfische gehören zu den wichtigsten Speisefischen. Ihr sehr gutes, rotes Fleisch ist weltweit geschätzt und findet in Japan als rohes Thunfischfleisch in der Zubereitung von Sashimi und Sushi verbreitet Anwendung. Übrigens, die ältesten Funde von Thunfischfossilien sind ungefähr 50 Millionen Jahre alt und es ist zu vermuten, dass in der Geschichte der Menschheit dieser Fisch in den Küstenregionen schon frühzeitig auf den Speisezettel des homo sapiens zu finden war.
Eine ganz typische Thunfischkonserve ist die erwähnte Dose, in der man entweder ganze Filets (teurere Sorte) oder kleine Stücke (billigere Sorte) findet. Ein geschmacklich großartiger Sonderfall ist die Konserve mit dem zarten, saftigen Bauchmuskelfleisch (ventresca de atun). In den Dosen befinden sich neben Salz auch verschiedene Konservierungsmittel wie z.B. diverse planzliche Öle (u.a. Sonnenblumenkernöl), Olivenöl, Sojaprotein, Würzsoßen und Wasser (beim sog. atún al natural). Die größten Konsumenten dieser Fischkonserven sind die Vereinigten Staaten von Amerika und Mexico sowie Spanien und Italien. Die in Spanien verarbeitete und in Dosen bzw. Gläsern konservierte Thunfischsorte ist der „atún blanco“ oder „bonito del norte“ (Thunnus alalunga). Der Bonito ist ein Hochseefisch und wird in Spanien vornehmlich von Fischern aus den Fischereihäfen an der kantabrischen Küste gefischt, die häufig bis in die Gewässer vor Argentinien für Thunfisch schippern. Eine alte Fangtradition gibt es auch im östlichen Mittelmeer am Eingang zur Strasse von Gibraltar. Dort zeugt ein Ortsnamen noch von der Bedeutung der Tunfische in der Küche von Al Andalus, dem mittelalterlichen, arabischen Spanien: das Dorf „Zahara de los Atúnes“ an der Costa de la Luz.
Wie konsumiert man Dosenthunfisch? Die Domäne dieser kulinarischen Perle ist der Salat. Es wäre vermessen alle Salatvariationen aufzählen zu wollen in denen der Thunfisch, bzw. der Bonito, eine tragende Rolle spielt. Auch das Thema Thunfisch und Pasta ist schier unerschöpflich. Spaghetti, Bandnudeln, Makkaroni, Lasagne oder Spätzle können mit Fischstücken oder einer Tomaten-Thunfisch-Sauce serviert werden. Auch als Brotaufstrich oder –belag eignet er sich hervorragend, der Thunfisch-Sandwich ist ein internationaler Klassiker an den Theken dieser Welt. Angesichts dieser Vielfalt an kulinarischen Verwendungsmöglichkeiten versteht man die Beliebtheit des Dosenthunfisches. Eines meiner eigenen Lieblingsrezepte (weiße Bohnen mit Thunfisch) habe ich an dieser Stelle bereits beschrieben. Damals war dazu das Getränk meiner Wahl ein barrique-vergorener Verdejo aus Rueda, aber jeder kräftige Weißwein ist ein potentieller Partner des Dosenthunfischs. Besonders harmonisch zum Thunfisch finde ich persönlich einen staubtrockenen Fino-Sherry oder eine Manzanilla.