Palmen in Spanien: Datteln, Palmwein und Co.

Aus: „Bilder-Tafeln zur Länder- und Völker-Kunde“ Tafel 112, Calw & Stuttgart 1883

Die Palme ist eine Wüstenpflanze und versinnbildlicht  für uns Nordeuropäer. die Wärme, das Licht und das Fremdländische. Ein Sonnenuntergang am Palmenstrand ist der Inbegriff der romantischen Verklärung des wohl temperierten Südens. Die Palme ist tatsächlich ein besonderer Baum: aufrecht, ewig grün und sehr widerstandsfähig. Kein Wunder, dass sie in manchen Kulturen zu einem Symbol des Sieges und Triumpfs geworden ist: als Jesus einst auf einem Esel in Jerusalem eingeritten kam, breiteten die Menschen ihre Kleider vor ihm aus und streuten Palmzweige auf seinen Weg, als Zeichen der Ehrerbietung.  Der Name des Baums stammt vermutlich vom lateinischen  Palma (= Handteller) ab, vielleicht weil die gefächerten, konkav. nach unten gewölbten Blätter einer menschlichen Hand ähneln.

Die Palme trägt  Früchte von ungemeiner Süße insbesondere in den heißen Zonen Nordafrikas und des vorderen Orients aber auch im spanischen al-Andalus, was die damaligen Moslems dazu bewog, in ihr einen heiligen Baum zu sehen. Die Palme war der Baum des Lebens und sein Produkt, die Dattel, ein – vorwiegend männliches – Fruchtbarkeitssymbol. Häufig wurde sie als Gegenstück zur Weintraube, die das weibliche Prinzip darstellte, angesehen. Die Dattelpalme ist eine äußerst vielseitig verwendbare Pflanze. Neben den vielen Arten, die süßen Früchte zu nutzen, werden auch heute noch aus den Blättern Besen und Bürsten hergestellt, und der Stamm ist ein sehr begehrtes Bauholz. Das Öl der Dattelkerne findet sogar als Speiseöl Anwendung.

Der landwirtschaftliche Anbau der Dattelpalmen erfolgt in den sog. Palmengärten. Die Bäume werden  zwischen 15 und 25 Meter hoch, sie benötigen, wie in ihrer ursprünglichen Heimat ja ausreichend vorhanden, sehr viel Sonne und insbesondere  vor der Entstehung der Früchte eine durchschnittliche Luft-Temperatur zwischen 30 bis 35 °C. Lebenswichtig für die Palme ist das Vorhandensein von ausreichend Wasser,  welches im trockenen Wüstenklima eigentlich immer nur über das Grundwasser in die Pflanze gelangt. Aus den befruchteten Blüten entstehen alle zwei Jahre die begehrten Datteln, die dann im Oktober und November geerntet werden. Eine Palme kann, unter optimalen Bedingungen bis zu 100 kg Früchte pro Ernte liefern. Die Dattelpalmen können von Schädlingen schwer geschädigt und schließlich zum Absterben gebracht werden. In Spanien ist besonders der Palmrüsselkäfer verbreitet, der wie ein harmloser Maikäfer aussieht. Ein weiterer Feind der Palmen ist neuerdings auch ein aus Argentinien eingeschleppter, relativ großer Tag-Falterm namens Paysandisia archon.

Man hört immer wieder, dass die Mauren die Dattelpalme aus ihrer ursprünglichen Heimat auf der Arabischen Halbinsel nach Spanien gebracht hätten. Tatsache ist aber, dass der noch heute berühmte Palmenwald von Elche in der Provinz Alicante bereits von den Karthagern vor unserer Zeitrechnung angelegt und später von den Mauren nur gepflegt und weiter ausgebaut wurde. Einer zuverlässigen Quelle zufolge sollen die Datteln von Elche schon im Kalifat von Córdoba von exzellenter Qualität und am Hofe außerordentlich beliebt gewesen sein. Noch heute kann man sich in Elche am Rande des Palmenhains in kleinen Buden einheimische Datteln kaufen. Im übrigen Spanien reifen die Früchte der Dattelpalme nicht voll aus.

Die zuckerreiche Dolde der Dattelpalme ist Grundlage von Palmwein. Aus „Calwer Bilderbuch“, 1883

Eine  arabisch-maurische Tradition war ein Getränk das durch Vergärung von wässrigen Dattelaufgüssen entstanden war, der sog „Dattelwein“. Dies bestätigt Anas Ibn Malik, der Diener des Propheten: „Zumeist wurde Wein bei uns aus reifen oder unreifen Datteln hergestellt“. Der berühmte „Palmwein“ ist dagegen etwas anderes. Er wird aus dem Saft verschiedener Palmenarten, aus der Dattelpalme, gewonnen. Besonders fein wurde er wenn er aus dem Saft junger Dattelsprossen kam, dieses Getränk nannten die Mauren übrigens „dushab“ und zahlten viel Geld dafür, denn es war eine ausgesprochene Rarität in ihrem Lande. Dattelsaft ist heute als „miel de palma“ (Palmenhonig) noch in Gomera, einer der kanarischen Inseln, erhältlich, er schmeckt ähnlich wie Zuckerrohr-Melasse (miel de caña) und eignet sich als Süßungsmittel für z. B. Puddinge, Kompotte etc. Die Heimat des Palmweins ist Ostasien. In diesen Gegenden der Welt gehörte er schon seit Jahrtausenden zu den beliebtesten alkoholischen Getränken und erst Marco Polo hat durch seine Reiseberichte das breite Interesse der Europäer auf dieses Getränk gerichtet. Während der Palmwein nie größere Verbreitung in Europa fand war sein Destillat, der Arrak, insbesondere im 19. Jahrhundert eine außerordentlich nachgefragte Schnaps-Pretiose. Zeitweise war er beliebter als Whisky, Gin oder Rum. Da aber die asiatischen Produzenten wegen des großen Zuspruchs begannen einfachere Schnäpse für die Herstellung von Arrak zu verwenden und so seinen Qualitätszusammenbruch herbeiführten, ist das europäische Interesse fast völlig gestorben und echten Arrak aus Palmwein-Destillat ist in unseren Breitengraden heute nur noch schwer zu erhalten.

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