Mourvèdre oder Monastrell?

Mit das Beste aus der Rebsorte Monastrell: Castaños „Casa Cisca“

Wer in Frankreich einen reinsortigen Mourvedre finden möchte, muss sich ins etwa 1.400 ha große provenzalische Weinbaugebiet von Bandol begeben und nach dem Château de Pibarnon oder  der Domaine Tempier suchen. Einfacher und mehr Auswahl hat man da in den Weinbaugebieten am spanischen Mittelmeer entlang der sog. Levante-Küste (Valencia, Alicante, Yecla, Jumilla, Almansa). Dort liegt der Ursprung des Mourvèdre, dessen Bezeichnung sich vom römischen „muris veteris“ (die alte Mauer) als antikes Namenssynonym der Stadt Sagunto, ableitet. Die Spanier nennen die Traube „Monastrell“ und hielten beim Weinmachen lange Zeit eher wenig von ihr. Sie galt als schlichte, mediterrane Sorte, die man wegen ihrer intensiven Struktur gerne in rote Cuvées gab oder sogar als Roséwein vinifizierte. Welches Potential allerdings in dieser urspanischen Traube steckt kann man mit einem Schluck des „Casa Cisca“ der Bodegas Castaño aus Yecla sehr rasch erfahren. Auch der in Australien häufig genutzte Name „Mataró“ für diese Rebsorte weist auf die oben beschriebene geographische Herkunft, so heißt nämlich eine katalanische Kleinstadt am Mittelmeer ungefähr 30 km nördlich von Barcelona und 350 km von Sagunto entfernt.

Einem französischen Ampelographen namens Victor Pulliat (1827 -1896) ist die Klassifizierung der Rebsorten nach ihren Reifungsperioden zu verdanken. Dieser, in seiner Bedeutung leider häufig verkannte Wissenschaftler, dessen Statue in Lyon zu bewundern ist, stammte aus dem Dorf  Chiroubles an der Rhône, er hatte also einen engen Bezug zu den dortigen Rebsorten und beschrieb den Mourvèdre bereits als eine der am spätesten reifenden Sorten. Sein Bezugspunkt war damals die Entwicklung der frühreifen Chasselas, die Mourvèdre war meist 36 Tage nach dieser erst voll ausgereift. In gewisser Weise war sie damit dem Petit Verdot unter den Bordelaiser  Sorten sehr ähnlich. Wegen des deutlich milderen Klimas im Rhônetal gab es für die Mourvèdre allerdings weniger Reifungsprobleme, trotzdem waren ihre Moste immer säure- und tanninreich, was ihre Bedeutung als strukturgebendes Element in Cuvées unterstrich und natürlich den Unterschied zum im klimatisch milderen und wärmeren Spanien angebauten Monastrell hinreichend erklärte. Klar ist auch, dass der Mourvèdre in nördlichen Weinbaugebieten bislang keinerlei Reifungschancen hat. Das hat ihm das Prädikat einer „mediterranen“ Rebsorte eingetragen.

Der Monastrell ist, neben dem Tempranillo und dem Garnacha,  Spaniens dritte große Rebsorte. Etwa 64.000 ha Rebland sind mit ihr bepflanzt. Es gibt in der Nähe der Ostküste relativ sandige Böden auf denen nicht gepfropfte, „wurzelechte“ Originalstöcke stehen. Die Weine sind tiefdunkel, fleischig und von sehr großer Haltbarkeit. Der Monastrell gibt den Rotweinen, wenn sie gut vinifiziert sind, einen ganz typischen, unvergleichlichen Geschmack von wilden Kräutern, roten Beeren und Wild. Duft und Geschmack sind allerdings sehr abhängig vom Terroir in dem die Stöcke beheimatet sind. Der Stil eines Mourvèdre/Monastrell-Weins kann, bei allem Charme den er hat, gelegentlich ausgesprochen erdig-rustikal wirken. Das gesamte Potential dieser Rebsorte ist, meiner Meinung nach, noch längst nicht ausgeschöpft. Auf alle Fälle gehört sie zu den charaktervollsten und interessantesten Rebsorten Spaniens. Es soll über 90 Synonyme für diese Sorte geben – ich habe mir nicht die Mühe gemacht sie alle aufzuspüren. Aber aufschlussreich ist diese Tatsache trotzdem, denn sie zeigt wie weit verbreitet der Monastrell in der ganzen Weinbauwelt ist. Die Namen Ministral, Morastel, Monastel, Gayata und Garrut sind nur einige wenige Beispiele dafür. Es handelt sich nicht um genetische Varianten der Original-Sorte sondern manchmal sogar um schlichte Verwechselungen von autochthonen Sorten in diversen Ländern mit der Spanierin. Die Möglichkeiten der genetischen Analyse haben in neuester Zeit sehr viele dieser Irrtümer aufgeklärt und zu einer rationelleren Betrachtungsweise von Rebnamen geführt

Noch immer gibt es bei vielen Weinfreunden eine teilweise sehr unterschiedliche Wertschätzung von Mourvèdre und Monastrell. Das hat einerseits mit der großen Reputation Frankreichs als Weinland zu tun, wo wegen der klimatischen Erfordernisse lange Zeit die Bepflanzung mit Mourvèdre als besondere Kunst galt, während der Monastrell auf der Iberischen Halbinsel als eine Art von Massenträger angesehen wurde. Heute hat sich das alles sehr geändert, neue Kellereien und gut ausgebildete Weinmacher haben den Monastrell auf Spitzenplätze in Rotwein-Verkostungen katapultiert und es ist sicher fair zu sagen, dass es, außer den terroir-bedingten, keine nennenswerten Unterschiede zwischen französischen und spanischen Mourvèdres/Monastrells gibt.

Eine kleine spanische Besonderheit verdient in diesem Zusammenhang allerdings noch Erwähnung: der Fondillon. Ein aus Alicante stammender, oxidativ ausgebauter, reinsortiger Monastrell, der in einem der Sherry-Vinifikation ähnlichen Solera-Verfahren hergestellt wird und während des Ausbaus von Jahrzehnten in großen Holzfässern seine rote Farbe gegen mahagoni- bis goldgelbe Töne austauscht. Der angenehm und nicht klebrig süße Wein mit den komplexen Rosinen- und Holznoten war bereits vor Jahrhunderten eine große Delikatesse und wird heute wieder in kleinen Mengen für einige Liebhaber der levantinischen Süßweinkultur hergestellt.

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