Dry Martini – eine kleine Hommage an den Vermouth

Zwei Marken für den Dry Martini

Zwei Marken für den Dry Martini

Im Schatten des weltweiten Gin-Booms taucht auch ein Cocktail-Klassiker wieder aus der Versenkung auf: der Dry Martini mit 5 Teilen Gin, einem Teil Wermut und einer Olive und das Ganze über reichlich Eis serviert. Als ich in den Jugendjahren meiner wissenschaftlichen Tätigkeit in den USA weilte und abends zu meinen Arbeitskollegen eingeladen wurde, begann das Abendendessen meist mit einem Dry Martini, wobei der Gastgeber darauf bedacht war, den Vermouth-Anteil so gering wie möglich zu halten. Das führte unweigerlich dazu, dass das Essen immer schmeckte, unabhängig von seiner Zusammensetzung! Das Herzstück des Vermouth ist das Wermuth-Kraut. Es stammt aus der botanischen Familie zu der auch Beifuß sowie Estragon gehören und wird als appetitanregende Heilpflanze bei Verdauungsbeschwerden seit Jahrhunderten genutzt. Außerdem findet es Anwendung als Würzstoff für alkoholische Getränke wie den Absinth oder eben den auf Weinbasis hergestellten Wermut. Das Wermutkraut ist sehr reich an Bitterstoffen („Wermutstropfen“), wenn es getrocknet als Räuchermittel  verwendet wird, soll es, nach Hildegard von Bingen, Hexen und Dämonen fernhalten (kommt daher die gelegentliche Zauberkraft des Dry Martini?). Die Wurzeln des heute als „Vermouth“ bezeichneten Getränks reichen ins Jahr 1786 zurück, als der Italiener Antonio Benedetto Carpano in Turin den ersten und heute noch produzierten „Carpano Classico“ herstellte. Das Aromatisieren von leicht verdorbenen oder sehr einfachen Weinen ist eine im Piemont seit Urzeiten verbreitete Methode der Geschmackskorrektur gewesen und so liegt das Verdienst Carpanos eigentlich beim Zusammenstellen der spezifischen Kräutermischung und der geschickten Vermarktung seines Produktes. Sein Erfolg rief im letzten Drittel des 19. Jahrunderts andere Produzenten auf den Plan von denen Cinzano, ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes Destillationsunternehmen, Martini & Rossi und der alteingesessene französische Hersteller Noilly Prat – Inbegriff des trockenen Wermuts – die bekanntesten wurden.

Vom Dry Martini gibt es so viele Varianten wie es Gin- und Vermouthmarken gibt. Letztlich ist es Geschmacksache welche Sorten man bevorzugt und in welchem Verhältnis man sie mischt. Ich persönlich liebe den mediterranen „Gin Mare“ aus Spanien mit seinem feinen Oliventon und Noilly Prat sowie eine auf einem Zahnstocher aufgespießte Olive als Partner. Die absoluten Gin-Klassiker sind sog. „London Dry Gins“ vom Typ eines „Gordon`s“, „Beefeater“ oder „Tanqueray“ mit ihren ausgeprägten Wacholderaromen. Der Vermouth sollte immer trocken sein und kann entweder eine lokale Geschmacksrichtung haben oder aber einer der o.e. großen Marken sein. Übrigens, auf Anregung des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, wurde der „Dirty Martini“ kreiiert, bei dem es sich um einen normalen Dry Martini handelt dem noch ein oder zwei Löffel der salzigen Olivenlake zugefügt werden und zu dessen Dekoration eine zusätzliche  Perlzwiebel erforderlich ist. Dass sich Josef Stalin und Winston Churchill 1945 auf bei der Konferenz von Jalta, wo die deutsche Teilung beschlossen wurde, von diesem Cocktail begeistern liessen ist eher unwahrscheinlich, obwohl der glücklich-zufriedene Gesichtausdruck der drei nebeneinander auf dem legendären Foto dies beinahe nahelegen könnte.

 

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