Obwohl der Anbau von Reis im Vergleich zum Getreide zu den schwierigeren landwirtschaftlichen Aufgaben zählt und viele geografische und klimatische Voraussetzungen erfüllt sein müssen, hat er sich in Spanien durchgesetzt. Ursprünglich kommt diese Jahrtausende alte und komplexe Ackerbautradition aus Asien, wo Reis in allen Ländern das Grundnahrungsmittel schlechthin ist. Die fortschrittliche und genussorientierte maurische Gesellschaft Spaniens hat bereits im 8. Jahrhundert den Reisanbau aus China importiert und bei sich heimisch gemacht. Das spanische Wort „arroz“ für Reis stammt tatsächlich vom arabischen Begriff „al-ruzz“. Das Wesentliche beim Anbau von Reis ist die Verfügbarkeit von Wasser, denn darin muss die Pflanze praktisch während ihres Lebens bis zur Ernte stehen. Die Mauren, Spaniens einstige arabisch-stämmige Bewohner, waren große Könner im Bereich der Wasserbewirtschaftung und daher wussten sie wie man über Kanäle, durch Tunnel oder über Aquädukte die Reisfelder unter Wasser setzen bzw. dieses später auch wieder ablassen konnte. Am leichtesten waren diese Techniken natürlich dort zu etablieren, wo bereits von Natur aus viel Wasser durchs Land fließt und das waren die Flussdelta bzw. die natürlichen Sümpfe von al-Andalus.
Das Saatgut (Reiskörner) der vorausgegangenen Ernte wird zu Jungpflanzen herangezogen und in die überfluteten Felder im Abstand von ca. 20 cm von einander entfernt, eingepflanzt. Dann lässt man sie mehr oder weniger ein halbes Jahr im Wasser wachsen und etwa 4 Wochen vor der Ernte müssen sie wieder im Trockenen ihre letzte Reife bekommen, d.h., das Wasser muss erneut abgelassen werden. Bevor die Stecklinge gesetzt und geflutet werden müssen die Reisfelder gepflügt und gedüngt sein. Die Reinheit des Wassers spielt dabei für die Qualität des Reises eine ganz wichtige Rolle. Nach der Trockenlegung des Feldes werden die Rispen geerntet und in der Sonne getrocknet und danach gedroschen und poliert. Heutzutage wird vieles der mühsamen Arbeit von entsprechenden Landmaschinen geleistet: so kann z.B. die Aussaat sogar mittels eines Hubschraubers erfolgen. In Spanien werden durchschnittlich 1,5 Mio. Kilo Reis im Jahr geerntet, was dann etwa 800.000 Kilo des verkaufsfertigen Endproduktes bedeutet.
Wie beim Getreide, gibt es auch beim Reis unterschiedliche Sorten und die Spanier ziehen die Bomba, Senia, oder Bahia genannten vor. Alle drei gehören zur sog. Japonica Gruppe, da sie angeblich japanischen Ursprungs sind. Diese sind ideal für die Reis-Spezialitäten der spanischen Küche. Sie haben ein mittleres Korn, enthalten viel Stärke und können sehr viel Flüssigkeit aufnehmen, bis zum Fünffachen ihres ursprünglichen Gewichtes. Langkorn-Reis, der erheblich weniger Wasser absorbieren kann und entsprechend eine kürzere Garzeit hat, wird – eher selten – in Andalusien und in der Extremadura angebaut. Seine Sorten gehören zur sog. Indica-Gruppe, die aus Indien kommen soll. Die Lagune der Albufera Valenciana ist die bedeutendste und wegen ihrer hohen Reis-Qualität auch berühmteste Anbauregion Spaniens und sie ist die tatsächliche Heimat der paella valenciana. Reis ist auch eines der traditionellen Produkte des Ebrodeltas; manche Gourmets behaupten sogar der geschmackliche Höhepunkt der iberischen Reiskultur sei der Bomba des sechs Hektar großen Reisfeldes auf der Illa del Riu im Delta del Ebro (der Insel Riu im Ebrodelta) Auch ein Bomba-Reis namens „Calasparra“ (nach dem gleichnamigen Dorf benannt) aus der Region Murcia soll etwas ganz Besonderes sein, behaupten jedenfalls die Kenner.
In einem Beitrag über den spanischen Reis kann man selbstverständlich nicht auf die kulinarische Huldigung der paella valenciana verzichten. Sie wird fälschlicherweise als „Nationalgericht“ der Spanier bezeichnet, dabei ist sie, wie ihr Namenszusatz bereits andeutet, nur ein Gericht aus der Region von Valencia: In den Gärten der Albuferas vor den Toren der Stadt pflegten sich die Landarbeiter mittags ein Feuer anzuzünden und in einer Pfanne darüber Reis zu kochen. Hinzugefügt wurde was das umgebende Wasser und Land hergaben: Wasserschnecken,, Krabben, Aale, Gemüse und an besonderen Festtagen auch einmal das Fleisch eines erlegten Kaninchens. Dies war die „Ur-Paella“, wie man sie heute in den Dörfern der Albuferas immer noch bekommen kann. Mit der Ausbreitung der paella über die gesamte Halbinsel wurde sie, dem breiten Publikumsgeschmack angepasst, zur paella marinera (mit Fisch und Meeresfrüchten) oder zur paella mixta mit zusätzlichem Fleisch. Heute ist der Phantasie der spanischen Köche bei der Zusammenstellung der paella-Zutaten freier Lauf gelassen. Unter den paella-Freaks hört man immer wieder, dass die Beschaffenheit des Kochwassers eine ganz entscheidende Rolle für das Gelingen des Gerichtes spielt und angeblich sei das einzige Wasser mit dem man eine wirklich gute paella machen könne, das Wasser Valencias.
Zwei weitere und überaus wohlschmeckende Reisgerichte der iberischen Halbinsel sind der arroz a banda auf der Basis frisch hergestellter Fischbrühe oder der ähnliche arroz negro mit der Tinte des Tintenfischs schwarz gefärbt. Beide Gerichte serviert man mit dem legendären alioli, einer kunstvollen Verbindung von Olivenöl und Knoblauch aus der katalanischen Küche. Dazu ein Tipp des Autors: zu allen hier erwähnten Reisgerichten passt ein spanischer Rosé-Wein ganz hervorragend!