Jeder, der schon einmal auf der Suche nach gutem Olivenöl war hat im Supermarkt oder im Delikatessenladen vor einem meterhohen Regal gestanden auf dem Flaschen oder Metalldosen von 0,25 bis 5 Liter Inhalt mit Olivenöl aus verschiedenen Ländern fein säuberlich aufgereiht waren. Man braucht nur noch zu wählen, ins Regal greifen und das Behältnis der Begierde in den Einkaufskorb legen. Nur, wo soll man hingreifen und wie kann man sicher sein, dass der Inhalt tatsächlich den Erwartungen entspricht? Wenn man, wie ich, kürzlich erst gelesen hat, dass die Stiftung Warentest festgestellt hat die Hälfte aller Olivenöle mit dem höchsten Qualitätszertifikat („Olivenöl nativ extra“) seien fehlerhaft, wird man sehr nachdenklich. Selbst sog. „Bio-Öle“ waren im gleichen Maße betroffen. Nicht nur der Geschmack wurde allzu häufig als „fehlerhaft“ beurteilt auch Kontaminationen mit Schadstoffen wie Mineralöl, Pestiziden und Weichmachern wurden nachgewiesen. Allerdings wurden diese nur in Konzentrationen gemessen, die nach EU-Richtlinien unterhalb der zulässigen Grenze lagen. Trotzdem – obwohl keine gesundheitlichen Schäden beim Konsum dieser Öle zu erwarten sind – Appetit machen solche Erkenntnisse nicht!
Durch den weltweiten Vormarsch der „mediterranen Küche“, die so viel gesünder als die traditionelle mitteleuropäische sein soll, ist Olivenöl zu einem außerordentlich wichtigen Handelsobjekt geworden. Das wiederum hat die Gier vieler Ölproduzenten, ein Stück vom ökonomischen Kuchen abzubekommen, beflügelt und gleichzeitig die Qualität ihrer Produkte vermindert. Dabei ist die Olive ein so wunderbares Geschenk der Natur und der Olivenbaum gilt seit dem Altertum als heiliger Baum. Auch für das Licht in der Nacht war einst das Olivenöl das Petroleum für die Dochte der antiken Lampen. Daher wird auch heute noch das Öl mit der geringsten Qualität „lampante“ (Lampenöl) genannt.
Wenn die Frucht am Olivenbaum erkennbar wird sieht man sie als kleine grüne Beere. Im Reifungsprozess entwickelt sich ihre Farbe über ein Violett hin zum Schwarz. Grüne Oliven, kurz vor dem Farbumschlag geerntet, werden häufig in Marinade gelegt und als Beigabe zum Aperitif gereicht. Man kann aber auch aus ihnen Öl produzieren, welches dann einen deutlich kräftigeren Geschmack hat. Im Gegensatz zu dieser „frühen Ernte“ wird das klassische Olivenöl aus schwarzen Früchten extrahiert. Diese werden „kaltgepresst“, d.h. ohne Verwendung von warmem Wasser zur Erhöhung der Ergiebigkeit. Dies sind auch die Öle, die die Bezeichnung „virgin extra“ (Jungfernöl) tragen dürfen. Für die Beurteilung der Qualität eines Öls ist der Gehalt an freien Fettsäuren mit ausschlaggebend. Dieser wird als Gramm pro 100 g Öl angegeben. Der Höchstwert für Qualitätsöl der Klasse „extra“ liegt bei 0,8. Je geringer der Wert, desto besser das Öl. Die komplizierten und leicht zu umgehenden Regularien für die Mischung von Ölen führen häufig zur erheblichen Verminderung der Qualität, wie sie sich auch bei der o.e. Probe der „Stiftung Warentest“ ergeben hat. Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang verschiedene physikochemisch-chemische Methoden, die zur Behebung von geschmacklichen Fehlern im Öl verwendet werden können und somit minderwertiges Öl annähernd genießbar machen.
Was darf ein gutes Öl kosten? Bedenkt man, dass der größte Teil der Arbeit bei der Pflege der Bäume und der Ernte von Menschen geleistet werden muss wird deutlich, dass das Endprodukt nicht billig sein kann. Der Vergleich mit dem Wein bietet sich geradezu an. Die Olivensorte, die regionale Beschaffenheit des Landes und die Selektion des Lesegutes bestimmen letztlich den Charakter des Geschmacks und den Preis, dies ist beim Wein nicht anders! Übrigens, die Farbe des Öls kann etwas über den Reifegrad der Früchte bei der Ernte und über die verwendete Sorte aussagen, ist aber kein Qualitätskriterium. Also um die 15 bis 20 Euro pro Liter sollte man bereit sein auszugeben.
Ich persönlich halte nichts von Aussagen wie, das beste Öl kommt aus Spanien oder Italien oder Griechenland. Es kommt ausschließlich auf die Sorgfalt des Produzenten an. Klitzekleine Betriebe in der Toskana machen ebenso gutes Öl wie Betriebe gleicher Größe in Spanien, und die großen, bekannten Marken sind nicht immer Garanten für ungetrübte Freude. Eines scheint mir besonders wichtig: wie beim Wein, sollte man den Jahrgang des Öls kennen, d.h. er muss auf dem Etikett ausgezeichnet sein. Jahrgangsöl schließt nämlich Panscherei weitgehend aus. Auch kann man daraus die Haltbarkeit gut ablesen, denn Öl mit einem Alter von 18 Monaten und mehr ist mit großer Vorsicht zu genießen.