In einem Straßencafé sitzen am späten Nachmittag eine Handvoll Leute und haben große, bauchige Gläser mit einem leuchtend orangefarbigem Getränk vor sich stehen. Ich nehme den letzten freien Tisch, setze mich hin und frage den Kellner was denn alle anderen hier trinken würden. „Aperol Sprizz!“ war die lapidare Antwort und ich bestellte das Gleiche! Was kurze Zeit später vor mir stand duftete nach Orange und Rhabarber und hatte auf der Zunge einen süßlich-bitteren Ton. Das Eis, bzw. die tiefe Temperatur des Getränkes ließ den Zucker am Gaumen etwas in den Hintergrund treten. Ich war angenehm überrascht und leerte das Glas mit Vergnügen. Die Frage nach der Qualität des Weines, der, nach Aussage des Kellners, die Grundlage des Ganzen bildet, stellte ich nicht, denn sie wäre vermutlich nicht beantwortbar gewesen. Klar, dass es kein Montrachet Grand Cru war! Der Kellner war sehr freundlich und kannte sich aus. Wenn mir das schmecke, könne er noch viele andere und ähnliche Long-Drinks mit Wein für mich zubereiten. Er nannte Namen wie Hugo, Frizzante, Kir, Wein-Schorle und Sangría (13.5.13). Auch die Bicicletta, Campari mit Weißwein, empfahl er. Einiges davon kam mir sehr bekannt vor aber ich entschied mich an diesem Nachmittag lieber noch einen „Sprizz“ zu trinken.
Ich möchte nicht verschweigen, dass mir der klassische deutsche Sommermix, die kalte Ente (siehe Beitrag vom 28.5.12), in hispanisierter Form, ganz besonders gefällt: eine Flasche eiskalten Weißwein aus Moscatel und Parellada (Masia Freyé) mit einer Flasche eiskalten weißen Cava Brut (Roger Goulart) auffüllen und eine Spirale Zitronenschale für 15 Minuten hineinlegen. Etwas Schmackhafteres und Erfrischenderes kann ich mir in einer lauen Sommernacht nicht vorstellen!
Offenbar liegen bereits abgefüllte, weinhaltige Getränke in diesem Sommer im Trend. Sie müssen, laut Lebenmittelgesetz mindestens zur Hälfte aus Wein bestehen, teilweise auch aus Wasser oder Limonade, aromatisierenden Zutaten und natürlich gelegentlich Zucker. Die Verwendung von Farbstoffen und anderen Zusätzen ist nicht verboten. Die aromatisierenden Zutaten sind fast immer geschmacks- und geruchsgebende Fruchtsäfte, Pflanzenextrakte, Kräuter oder Gewürze. Auch zugelassene Nahrungsmittelaromen sind gelegentlich Bestandteil der Getränke. Natürlich gibt es Vorschriften, die die Herstellung und den Verkauf dieser Getränke regeln.
Zur kommerziellem Herstellung weinhaltiger Getränke sind Wein, Likörwein, Schaumwein, Perlwein (jeweils auch vermischt) zugelassen, ihr Anteil muss allerdings mindestens 50 % betragen (damit unterliegen sie auch dem Weingesetz) und das Endprodukt darf 20 Vol-.% Alkohol nicht überschreiten. Zu keinem Zeitpunkt des Herstellungsprozesses darf das Produkt gären und, bei Zugabe kohlensäurehaltiger Produkte darf sein endgültiger Flaschendruck 2,5 bar (bei 2°C) nicht überschreiten (zum Vergleich beim deutschen Sekt muss der Druck: mindestens 3,5 bar betragen).
Der Gesetzgeber unterscheidet übrigens zwischen „weinhaltigen“ und „weinähnlichen“ Getränken. Über die weinähnlichen Getränke möchte ich nicht viele Worte verlieren. Sie werden aus Obstweinen hergestellt und müssen mit den Namen der jeweiligen Frucht oder der Früchte gekennzeichnet sein. Das wichtigste, und zweifelsfrei schönste und beste dieser Getränke ist der Apfelwein von ihm und seinen internationalen Verwandten ist an dieser Stelle bereits die Rede gewesen (siehe Beitrag vom 10.6.14).