Das Unwort für Weingenießer: lecker Vermutlich kennt jeder Mensch Worte zu denen er entweder eine besondere Zuneigung oder eine spezielle Ablehnung hegt. Ein Wort welches ich überhaupt nicht ausstehen kann ist „lecker“. Bei seinem Anhören sehe ich vor meinem geistigen Auge sofort eine geöffnete Pralinenschachtel auf einem Mahagonitisch mit Spitzendeckchen. Das Wort strahlt fürchterliche Kleinbürgerlichkeit aus, verziert mit kitschigen Schleifchen. Lecker war der sehr süße Karamelpudding meiner Großmutter! Zur Verzweiflung treiben mich Weintrinker, die nach einem Probeschluck verzückt die Augen verdrehen und ausrufen „dieser Wein schmeckt aber lecker!“ Dies klingt fast so als wolle man Vincent van Goghs dramatische „Sternennacht“ als „hübsch“ oder Beethovens letzte Streichquartette als „Ohrwürmer“ klassifizieren .
Was ist eigentlich lecker? Das Adjektiv kommt vom Verb „lecken“ was so viel bedeutet wie mit der Zunge über etwas streichen. Lecker ist also etwas, was gut zu lecken ist; in anderen Worten, etwas Wohlschmeckendes, bzw. Appetitliches (obwohl eine sehr weit verbreitete Redensart das Gegenteil vermuten lässt). Irgendwie scheint lecker auch mit der Kindersprache verbunden zu sein, denn nur ein Leckermäulchen kann erinsthaft einen Leckerbissen verzehren. Genau in diesem Zusammenhang habe ich das Wort auch als Kind selbst erfahren und für mich war lecker immer gleichbedeutend mit süß, oder süßlich (später im übertragenen Sinn dann auch „kitschig“). Ich glaube nicht, dass im Sprachschatz deutschsprachiger Sterne-Köche wie Eckard Witzigmann, Klaus Erfort oder Harald Wohlfarth das Wort lecker vorkommt. Lecker ist viel zu undifferenziert, aber es passt haarscharf auf das Niveau der ZDF-Kochsendung „Lafer!Lichter!Lecker!“ der beiden Fernsehköche mit dem nur schwer zu ertragenden Wiener bzw. Rheinländischen Charme . „Leckere Rezepte zum Kochen und Backen“ haben ihre Heimat in Familien-Magazinen und sog. Frauenzeitschriften oder den unsäglichen Kochshows in der Glotze.
Wer Wein lecker findet outet sich nicht gerade als verbal besonders versierter Weinkenner. Der von mir so stark empfundene Unterton des Wortes lecker, in dem tatsächlich auch Begriffe wie süßlich, lieblich und kitschig mitschwingen, passt überhaupt nicht auf einen guten Wein. Dieser soll vielschichtig und differenziert sein und uns zum Nachdenken anregen, also das Gegenteil von „gut leckbar“ sein. Eine Leckerei ist guter Wein niemals (mit Ausnahme mancher Süßweine vielleicht, siehe auch den Beitrag Weinkitsch und Kitschweine).
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Etwas über uns … Im Blog "Spaniens Weinwelten" hat der Journalist und Weinkritiker Thomas Götz unter dem Titel „Los Barrancos – der Wein, der Vogel und die schönen Künste“ unser „Vogel-Projekt“ sachkundig beschrieben und kommentiert.
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Kreativität und Wein
In meinem „önosophischen Blog“ widme ich mich im weitesten Sinne kulturellen Themen und dies, obwohl der aus dem Griechischen abgeleitete Begriff „Önosophie“ eigentlich nur die „Weisheit vom Wein“ bedeutet. Wie der Wein selbst können auch die Gedanken eines Weingeniessers gelegentlich in ein breiteres zivilisatorisches Umfeld geraten und Bereiche wie die Musik, die Philosophie, die bildende Kunst, die Literatur und auch die Gesellschaftspolitik umfassen. Dieses Spektrum versuchen die unterschiedlichen Thematiken meiner Beiträge auszudrücken, wobei mir der Wein gelegentlich schöpferisch zu Hilfe kommt.
Wein trinken und genießen ist etwas Emotionales, und im Wein kann der Künstler Inspiration finden. Keiner hat dies schöner und treffender ausgedrückt als Shakespeare in seinem "König Heinrich der Vierte" (2. Teil, 4. Aufzug, 3. Szene) , wo er den lebensfrohen Falstaff in der Übersetzung der beiden Schlegels ausrufen lässt:
(Der Wein) „steigt Euch in das Gehirn, zerteilt da alle albernen und rohen Dünste, die es umgeben, macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von behenden, feurigen und ergötzlichen Bildern; wenn diese dann der Stimme, der Zunge, überliefert werden, was ihre Geburt ist, so wird vortrefflicher Witz daraus".
Vortrefflicher Witz können natürlich auch die schönen Farben und Formen des Malers oder Bildhauers bzw. die spannenden Klänge des Musikers sein. „Vortrefflichen Witz“ hat auch Antonio Machado, Spaniens bedeutendster Lyriker des 20. Jahrhunderts mit einem wunderschönen, schnörkellosen Gedicht zustande gebracht (meine holprige Übersetzung bitte ich zu entschuldigen):
Un vino risueño me dijo el camino
Yo escucho los áureos consejos del vino
Que el vino es a veces escala de ensueño.
Abril y la noche y el vino risueño
Cantaron en coro su salmo de amor
Ein lächelnder Wein wies mir den Weg
Ich vernahm seine goldenen Ratschläge
Denn der Wein ist manchmal eine Stufe zu den Träumen.
Der April, die Nacht und der lächelnde Wein
Sangen gemeinsam ihren Psalm der Liebe
Ich hoffe, dass Sie Freude an meinem Blog und an unserer kleinen und exklusiven Auswahl spanischer Weine haben.
Peter Hilgard
Wir meinen, Wein ist eine Kultur des moderaten Genusses
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