Neulich stand ich vor dem Schaufenster eines Bioladens in der Frankfurter Innenstadt und traute meinen Augen nicht: da stand eine Flasche mit einem Zettel am Flaschenhals festgebunden, auf dem stand in Großbuchstaben „VEGANER WEIN“. Meine erste Reaktion war völliges Unverständnis, denn Wein ist ja wohl eindeutig ein pflanzliches Produkt – dachte ich. Erst im Laden wurde ich dann aufgeklärt, dass ich „vegan“ mit „vegetarisch“ verwechselt hatte. Unter vegetarischer Ernährung versteht man die Vermeidung des Genusses aller Produkte, deren Herkunft tote Tiere sind während der Veganer einen wesentlichen Schritt weiter geht und alle Nahrungsmittel bzw. Produkte tierischen Ursprungs in seiner Ernährung vermeidet. Da war mir sofort klar, dass manche Weiß- und Rotweine mit Hühnereiweiss, Casein oder Gelatine, also tierischen Produkten, geschönt werden, und daher nicht den Prinzipien des Veganismus entsprechen. Da es andere Methoden der Schönung gibt (siehe „Von der Schönheit kann man nicht leben“) kann man sich gut vorstellen was VEGANER WEIN ist. Ein kundiger Verkäufer ist doch viel wert!
Etwas ganz anderes ist natürlich der Bio- (oder Öko-)Wein. Der Einsatz von Pestiziden bzw. von Herbiziden und Fungiziden ist im konventionellen Weinanbau erlaubt. Ohne die Anwendung dieser Chemikalien wäre in vielen klimatischen Zonen der Welt, einschließlich Europas, der Weinanbau überhaupt nicht möglich. Allerdings sollen im fertigen Wein diese Stoffe nicht mehr nachweisbar sein. Wie z.B. das Chemische Veterinär-Untersuchungsamt Stuttgart vor einem Jahr gezeigt hat, wiesen trotzdem 18 von 21 untersuchten Proben Rückstände von derartigen Verbindungen auf, allerdings unterhalb der gesetzlich festgelegten Höchstmengen nach der Verordnung EG 396/2005. Im biologischen oder ökologischen Rebbau ist der Einsatz von Pestiziden o. ä. verboten, während Kupfer und kolloidaler Schwefel gegen Pilzerkrankungen eingesetzt werden dürfen.
In einer Zeit in der Lebensmittelskandale an der Tagesordnung sind, ist das Bewusstsein auch der Weinkonsumenten für gesundheitsgefährdende Rückstände im Wein deutlich geschärft worden, was dem Ökowein zusätzliche Impulse gab. Auch durch Kunstdünger kommen potentiell gefährliche Stoffe in die Weintrauben und so ist auch dieser aus dem ökologischen Rebbau verbannt. Ein Öko-Winzer möchte auch, dass sein Boden lebendig bleibt und damit gute Wachstumsbedingungen für die Rebstöcke liefert. Nicht immer können blühende Untersaaten gepflanzt werden, die Lebensraum für viele Insekten sind, denn chronischer Wassermangel kann dies verbieten. Im Idealfall sind Bio-Weine deutlich interessanter als herkömmlich hergestellte, denn sie reflektieren mehr das Terroir des jeweiligen Weinbergs, sind aber auch gleichzeitig anfälliger für Fehltöne, da chemische Hilfsmittel bei der Vinifikation nicht zugelassen sind. Veganer Wein kann auch Öko-Wein sein und umgekehrt, aber es gibt keinen zwangsläufigen Zusammenhang zwischen den beiden! Übrigens interessante Ökoweine gibt´s auch in Spanien.