Resveratrol: Rotwein in der Tablette?

Weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Reduzierung des Krebsrisikos und „Anti-Aging“-Therapie, das Mittel dazu können Sie rezeptfrei in fast jeder beliebigen Drogerie kaufen. Unter dem Namen „Resveratrol“ werden in Stärken von 60 bis 500 Milligramm Tabletten verkauft, deren Inhalt einst im Rotwein entdeckt und für das sog. „french paradox“ verantwortlich gemacht wurde. Wer allerdings Resveratrol in der sog. „Roten Liste“, dem Arzneimittelverzeichnis für deutsche Ärzte, sucht, findet es nicht. Kein Wunder, es handelt sich bei dieser Substanz um eine Nahrungsergänzung, für die es keine festgelegte, „therapeutische“ Dosis gibt und, wie man entsprechend vermuten kann, gibt es nach seiner Einnahme auch so gut wie keine Nebenwirkungen (empfohlene Einzeldosis: bis 500 mg oder mehr täglich). Gibt es denn wenigstens dokumentierte Wirkungen? Diese Frage erschöpfend zu beantworten würde viel Zeit und sehr viele Bytes erfordern. Stephen Barrett hat eine sehr gute Übersicht im Internet verfasst , deren Titel schon die Schlussfolgerung beinhaltet: „Resveratrol: Don’t Buy the Hype“ .

Reservatrol, eine chemische Verbindung die zu den Antioxydantien gehört, kommt in einer Vielzahl von Früchten und Gemüsen vor und im Jahre 1976 gelang erstmals ihr Nachweis in roten Weintrauben, bzw. deren Saft. Seine Konzentration reicht von 0,2 – 1,1 Milligramm pro Liter (mg/l) Flüssigkeit. Während der Vinifikation nimmt die Konzentration deutlich zu und kann im fertigen Rotwein zwischen 1 und 13 mg/l liegen. Vergleicht man diese Mengen mit den empfohlenen Dosen des Drogerie-Produktes müsste man ca. 50 Liter Rotwein trinken um in den Genuss der gesundheitlichen Segnungen von Resveratrol zu kommen! Dies klingt absurd aber der Grund für diese hohen Dosen ist die schlechte Bioverfügbarkeit (=geringe Aufnahme im Darm) und die schnelle Verstoffwechselung von Resveratrol im menschlichen Körper. Die Wissenschaftler um Ketan R. Patel von der Universität Leicester in England gaben allerdings zu bedenken, dass auch die Stoffwechselprodukte eine Wirkung haben könnten.

Aus molekularbiologischer und biochemischer Sicht ist Resveratrol sicher eine faszinierende Substanz mit einer Unzahl von interessanten Wirkungen. Sie ist allerdings ein ganz klassisches Beispiel für die geringe Übertragbarkeit von experimentellen Laborbefunden in die Humanmedizin. Generationen von Wissenschaftlern werden sich noch die Zähne an ihr ausbeißen um dann eines Tages vielleicht festzustellen, dass nicht alleine Resveratrol für die Wohltaten des Weines verantwortlich ist sondern, dass mal wieder die Kombination verschiedenster Faktoren einen pharmakologischen Synergismus hervorbringt, den wir nicht nur zu unserem gesundheitlichen Vorteil ausschöpfen sondern auch noch genießen können!

 

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