Eine neue Weinkategorie in der Rioja: die Einzellage

Früher wurden die Rebgärten der Rioja vor Ort bewacht (im Bild: „Guardaviñas“), heute macht dies der Kontrollrat in Logroño

Der befürchtete Bruch im Kontrollrat der garantierten Herkunftsbezeichnung DOCa Rioja hat nicht stattgefunden! Mit für seine Verhältnisse geradezu schwindelerregender Geschwindigkeit, hat das Gremium kürzlich die neue Weinkategorie „Einzellage“ offiziell zugelassen. Mit dem Titel „Viñedos Singulares“ sollen künftig Weine ausgezeichnet werden, die bestimmte Qualitäts- und Lagekriterien erfüllen. An den alten Stufen “Crianza“, „Reserva“ und „Gran Reserva“, die sich an der Dauer des Ausbaus im Barrique und in der Flasche orientieren, wird weiterhin festgehalten. Die Anforderungen an Weine mit der Klassifikation „Viñedos Singulares“ sind um einiges komplexer als der bisherige Standard in der DOCa Rioja:
neben der exakten Definition durch natürliche oder anderweitig nachvollziehbare Begrenzung der Einzellage müssen die Rebgärten ein Mindestalter von 35 Jahren aufweisen und die Hektarerträge sollen um mehr als 20 % unter denen der übrigen Region liegen und die Trauben müssen von Hand gelesen sein. Der Einsatz von Erntemaschinen ist für „Viñedos Singulares“ nicht erlaubt. Am zugelassenen Rebsortenspiegel ändert sich nichts. Schließlich müssen alle Weine dieser Kategorie am Beginn und am Ende des Zertifizierungsprozesses, also insgesamt zwei Mal,  eine Qualitätskontrolle durchlaufen. Warum es nicht möglich war den im übrigen Spanien bereits etablierten Begriff der „vinos de pago“ als Lagenweine für die Rioja zu adaptieren entzieht sich meiner Kenntnis. Vermutlich stand mal wieder der Wunsch der Rioja nach einem weiteren Alleinstellungsmerkmal Pate für die getroffene Wortwahl.

Die genaue Lagenbezeichnung soll auf dem Rückenetikett, neben dem Qualitätssiegel aufgeführt werden. Man hofft, dass durch diese Ursprungsangabe eine Zuordnung zu einem bestimmten Terroir ermöglicht wird und, dass erstmals die enorme Vielfalt der Charaktere von Rioja-Weinen deutlich gemacht werden kann. Genau da setzt aber auch harsche Kritik an. Ein tatsächlich einzigartiges Merkmal fast aller Rioja-Weine war ihre wechselnde Herkunft aus den unterschiedlichen Subzonen der Region. Dadurch war es möglich jahrgangsbedingte Schwankungen im Duft und Geschmack der Weine auszugleichen und einen für die jeweilige Kellerei charakteristischen Weinstil Jahr für Jahr zu garantieren, was häufig eine önologische Meisterleistung war! Mehr als in beinahe jedem anderen Weinbaugebiet spielten die Marken und Kellereinamen eine ausschlaggebende Rolle bei der Kaufentscheidung der Konsumenten. Da das angestrebte Ziel der Lagenweine eine höhere Qualitätsstufe und damit verbunden auch eine andere Preispolitik ist, befürchtet man jetzt, dass die heutigen Weine langsam verschwinden werden und durch wesentlich teurere Nachfolger aus Einzellagen ersetzt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Name „Viñedos Singulares“, was genau übersetzt so viel wie „einzigartige Rebgärten“ heißt. Insbesondere die Winzer in der Rioja Alavesa werden nicht müde zu betonen, dass die vom Kontrollrat geforderten Kriterien alles andere als „einzigartig“ sind und von einem Großteil der kleinen Weingüter in der Region bereits längst erfüllt sind. Das Reglement nütze somit ausschließlich den großen, finanzstarken Unternehmen ihre Umsätze durch eine zusätzliche Weinkategorie weiter zu steigern. Gleichzeitig mit der Einführung der Einzellagen hat man das Regelwerk der traditionellen Schaumweinherstellung in der Rioja erneuert. Erstmals dürfen hochwertige, weiße und rosé Cavas der Rioja das Garantiesiegel der DOCa tragen. Sie müssen nach dem klassischen Flaschengärungsverfahren hergestellt, ebenfalls zweifach qualitätsgeprüft und mindestens 15 Monate auf der Hefe gereift sein (von den Spitzenprodukten wird sogar ein 36-monatiger Hefekontakt verlangt). Ob sich die Rioja durch die anvisierte Qualitätsverbesserung auf die Zeit nach der Unabhängigkeit Kataloniens, dem weitaus größten und ökonomisch wichtigsten Cava-Hersteller Spaniens, vorbereiten will?  Die „Grupo Rioja“, die bedeutendste Produzentenvereinigung in der Rioja, ist jedenfalls  sehr optimistisch, dass die neuen Qualitätsstandards die weltweiten Marktchancen ihrer Produkte weiterhin verbessern werden.

 

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