Lorcas „Mariana Pineda“ als Flamenco Pantomime

Statue von Mariana Pineda auf der Plaza Mariana Pineda in Granada

In Granada führt vom Plaza del Carmen eine enge, schmale Straße mit dem Namen „Calle Mariana Pineda“ zur alten Karawanserei „Corral del Carbón“. In dieser Gasse wurde Granadas schöne Freiheitsheldin Doña Mariana Pineda am 1. September 1804 geboren. Sie war die Tochter eines Hauptmannes namens Mariano de Pineda. Vater und Mutter starben frühzeitig und das Waisenkind heiratete im zarten Alter von 14 Jahren den Soldaten Manuel de Peralta. Ihm war eine große militärische Karriere vorbestimmt und Mariana schien dazu auserwählt, die aufopfernde Hausfrau und Mutter der Kinder eines Soldaten zu werden. Aber es kam völlig anders. Als Mariana 18 Jahre alt war starb Manuel und sie stand mit ihren beiden Kindern José und Ursula ganz alleine da. Soweit die historischen Tatsachen. Über das, was dann folgte, ranken sich viele Legenden, die sich nur in Kleinigkeiten voneinander unterscheiden. Eine sehr schöne und beeindruckende Interpretation stammt von Féderico García Lorca und ich gebe seine hintergründige Geschichte hier wider. In seinem einzigen historischen Schauspiel schildert er das Schicksal der Mariana Pineda, die in ihrer Zeit Sinnbild für den politischen Gegensatz von liberaler Gesinnung und absolutistischem Regime verkörperte. Durch die Bekanntschaft mit dem Offizier Sotomayor, hinter dem sich tatsächlich die historische Persönlichkeit des Fernando Alvarez de Sotomayor verbirgt und zu dem Mariana Pineda eine zarte Liebesbeziehung unterhielt, geriet sie in den Bannkreis damaliger Freidenker. 1822 befreite sie Sotomayor aus dem Gefängnis und bewahrte ihn somit vor dem sicheren Tod. Für ihn und seine Verschwörer-Freunde stickte sie eine Fahne mit der Aufschrift „Gesetz-Freiheit-Gleichheit“. Als die Erhebung der liberalen Granadiner schließlich zusammenbrach, wurde sie verhaftet.Der berüchtigte Richter Pedrosa, ebenfalls eine historische Realität, versucht nun vergebens seine Macht auszuspielen um sich die schöne Frau gefügig zu machen. In furchtbaren Gewissensnöten zwischen der Sorge um ihre beiden Kinder, den starken Gefühlen für Sotomayor und dem Verlangen nach Freiheit geht sie in ein Nonnenkloster und muss nun leider erkennen, dass Sotomayor sie im Stich gelassen hat. Immer wieder schlägt sie das Werben des verhassten Pedrosa aus, auch als er ihr schließlich anbietet, sie in Sicherheit zu bringen und damit dem Gerichtsverfahren zu entziehen. Sie hat aber mittlerweile die innere Gewißheit erlangt, dass der Opfertod sie zum Sinnbild jener Freiheit erhöhen wird, die sie in Sotomayor gesucht und für die sie Widerstand geleistet hat. „Ich bin – ich bin die Freiheit, weil Liebe es so wollte!“ sind ihre letzten Worte, bevor sie endgültig abgeführt wird um auf dem Schafott zu enden.

¡Oh! Qué día tan triste en Granada,
que a las piedras hacía llora
al ver que Marianita se muere
en cadalso por no declarar.

Ach, welch Trauerfall ist in Granada,
der die Steine selbst zu Tränen rührt,
sehen sie Mariana hingerichtet,
weil sie nichts verrät, durch nichts verführt!

ertönt der Chor der Kinder im Prolog  des Stückes aus dem Hintergrund

Am 25. Mai 1831,wurde die 26jährige auf dem Plaza del Triunfo in Granada hingerichtet. Ihre letzte Ruhestätte fand die schöne Mariana in der kleinen Kirche mit dem eleganten Mudejar-Türmchen namens „Santa Ana“ an der gleichnamigen Plaza. Den größten spanischen Dichter des 20. Jahrhunderts, Federico Garcia Lorca, hat eine Statue von Mariana Pineda in seiner Heimatstadt Granada schon als Kind so fasziniert, dass er später, als 27-Jähriger, sein zweites Bühnenwerk dieser Frau widmete. Ihn interessierte dabei nicht so sehr die historische Heldin sondern vielmehr die Frauengestalt mit all ihren Widersprüchen und Konflikten. Mit ihr gelang es Lorca eine der großen Frauenfiguren des zeitgenössischen Theaters zu erschaffen. García Lorca wird literarisch der „Generation von 1927“ zugerechnet, einer zwischen dem Symbolismus und dem Surrealismus stehenden Dichtergruppe. Zu den Freunden des auch musikalisch interessierten und aktiven Dichters zählten u. a.  Manuel de Falla, Luis Buñuel und Salvador Dalí.

Der Tänzerin und Regisseurin Patricia Guerrero aus Granada gelang es zusammen mit dem „Ballet Flamenco de Andalucia“ eine tänzerische Pantomime nach dem Textvorbild Lorcas von Mariana Pineda auf die Bühne zu bringen. Der junge und hochbegabte Flamenco-Sänger Sergio El Colorao hat die Texte mit Noten interpretiert und zusammen mit zwei Mitsteitern musikalisch vorgetragen.  Die Sprache Lorcas und ihre Verbindung von volkstümlicher Tradition mit lyrischer Poesie fand in der Musik und im Tanz ein großartiges Äquivalent. Insbesondere die letzte Szene, in der Mariana, expressiv getanzt von Frau Guerrero, ihren Tod akzeptiert und sich auf die Hinrichtung vorbereitet, wurde außerordentlich feinfühlig mit enormer Emotionalität dargestellt. Das Spektakel fand in der Nacht unterm leuchtenden Sternenhimmel im “Teatro de los Jardines del Generalife“ auf dem Alhambrahügel in Granada statt und war für mich mal wieder eines jener Erlebnisse in denen der ganze melancholische Zauber Andalusiens zum Leben erweckt wurde.

Bleiben Sie stets neugierig und …genussvoll durstig!

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