
Aufgeschnittene Ingwerwurzeln (Bild: Pixabay)
Die Heimat der würzigen Knolle mit dem botanischen Namen „Zingiber officinale“ liegt in China oder Indien, wo sie sowohl kulinarisch als auch medizinisch erhebliche Bedeutung hatte. Die intensiven Handelsbeziehungen des Römischen Reiches mit Südostasien brachten im ersten Jh. n. Chr. auch den Ingwer nach Rom zu den Köchen und Ärzten und er wurde wegen seines aromatisch-scharfen Geschmacks rasch zu einem begehrten Gewürz in der römischen Küche. Ob die Römer die ersten waren, die den Ingwer in ihre Provinzen auf der Iberische Halbinsel brachten oder vielleicht doch erst ein paar Jahrhunderte später die Araber, ist nicht bekannt. Dass Ingwer in al-Andalus einen hohen Stellenwert besessen hat, ist allerdings überliefert. Hauptsächlich Fleisch- und Fischspeisen wurden mit der importierten Knolle gewürzt. Neben anderen orientalischen Spezereien wie Zimt, Kardamom und Kreuzkümmel hielt der Ingwer Einzug in die spanische Küche. So ist es nicht verwunderlich, dass Christoph Columbus (1451 – 1506) und seine Nachfolger auch genau diese Gewürze im Gepäck hatten, als sie sich anschickten Lateinamerika zu erobern. Im Mutterland fielen wenig später all die morgenländischen Aromen, die die Mauren so verehrten, der Inquisition zum Opfer. Zum christlichen Glauben übergetretene Mauren, die weiter orientalisch gewürzte Speisen zu sich nahmen, wurden der Häresie verdächtigt und vom „heiligen officium“ entsprechend angeklagt und bestraft. Wegen der wichtigen Rolle, die diese Gewürze in den spanischen Kolonien zu spielen begannen und des günstigen, subtropischen Klimas dort, in dem Ingwer und Konsorten gut gediehen, wurden diese nun in vielen Landstrichen Lateinamerikas angebaut, während sie im Mutterland Spanien völlig aus der Küche verschwanden.
Wenn man pauschal von südamerikanischer Kulinarik spricht, sollte man sich vergegenwärtigen, dass es sich geographisch um einen riesigen Kontinent handelt mit unterschiedlichen Landschaften, Klimata und den verschiedensten Arten der Flora und Fauna. So vielfältig wie Land und Leute ist auch die Esskultur, in der Gemüse-, Fisch- und Fleischgerichte, ihre Zubereitungsart häufig den historischen Einflüssen geschuldet ist. Selbstverständlich haben die einstigen europäischen Kolonialmächte ihre tiefen Spuren hinterlassen. Unter diesen spielen die beiden iberischen Reiche Spanien und Portugal die Hauptrolle. Am 7. Juni 1494 teilten im kastilischen Städtchen Tordesillas die beiden Großmächte, unter Vermittlung von Papst Alexander VI. (1431 – 1503), die Welt unter sich auf, indem sie einen Strich durch den Atlantik zogen, der Nord- und Südpol verband. Westlich davon sollte Spanien und östlich davon Portugal regieren. Die bereits entdeckten Gebiete blieben bei der jeweiligen Entdeckernation. So blieb Brasilien portugiesisch, der Rest Südamerikas fiel an Spanien und die Atlantikinseln wurden vertragskonform aufgeteilt. Der Papst verlangte als Gegenleistung für seine Schlichterrolle, dass die beiden Kolonialmächte Missionare in ihre zugeteilten Länder schickten. Die Gottesmänner, Soldaten und Einwanderer aus Spanien und Portugal brachten selbstverständlich ihre damaligen Essgewohnheiten mit. Diese trafen dann auf die lokal angebauten Kartoffeln, die Paprika, die Tomaten, den Mais, die Bohnen und die Chilischoten. Aus diesem Gemisch an Zutaten entwickelte sich eine neue Koch- und Esskultur in Lateinamerika. Dazu kamen bald auch Immigranten aus europäischen und Sklaven aus afrikanischen Ländern, die alle einen zusätzlichen Beitrag zur heutigen Vielfalt der lateinamerikanischen Küche lieferten. Brasilien, Argentinien, Chile, Mexiko oder Peru stehen beispielhaft für die Individualität der jeweiligen, regionalen Kochkunst.
Nicht nur gutes Essen gibt es auf der südlichen Halbkugel zwischen Atlantik und dem Pazifik, sondern auch entsprechend gute und sehr gute Weine dazu. Zwar haben die Spanier den Wein mitgebracht und bis ins 19. Jahrhundert die Weinkultur in ihren Kolonien beherrscht. Mit der beginnenden Globalisierung des Weinkonsums und der Ausbildung eines internationalen Geschmacksprofils übernahmen dann die Franzosen auch auf dem südamerikanischen Kontinent die Vormachtstellung bei den Winzern. In manchen Gebieten gibt es allerdings noch traditionelle Vinifikationsmethoden und alte Rebsorten vom Beginn der Kolonialzeit, die von den Einheimischen heute noch geliebt und genossen, von am internationalen Geschmack orientierten Weinfreunden aber abgelehnt werden. In den letzten beiden Jahrzehnten entpuppten sich viele Weinbaugebiete Südamerikas geradezu als Offenbarung für die Weinfreunde in aller Welt. In Chile z.B. gibt es wegen der besonderen klimatischen Verhältnisse, dem reichlich vorhandenen Wasser in Form des Anden-Schnees und der kompletten Abwesenheit der Reblaus geradezu ideale Voraussetzungen für den Rebbau. Auch hat sich in diesem Land ein erstaunliches Phänomen gezeigt, dass nämlich eine alte „couliure“-empfindliche Bordeaux-Rebsorte, die Carmenère, in Chile zu Höchstform auflaufen kann. Interessanterweise beobachtet man ähnliche Besonderheiten bei den Sorten Malbec in Argentinien und Tannat in Uruguay. Weine dieser Sorten können ihre französischen Originale in Bordeaux bzw. im Madiran bei guter Vinifikation deutlich übertreffen. Direkt für diese Qualitätssteigerung durch Veränderung des Terroirs verantwortliche Gründe sind bislang nicht bekannt. Politische Turbulenzen hatten den Weinbau in machen südamerikanischen Ländern zeitweise zum Erliegen gebracht, Peru war dafür ein trauriges Beispiel.
Bleiben Sie neugierig und … genussvoll durstig!