Als ich Ende der 70iger-Jahre mit meiner Frau in London lebte war das „Hard Rock Cafe“ an der Ecke Hyde Park und Piccadilly bereits eine Kultinstitution. Hier hatten angeblich die Beatles schon die legendären Hamburger verzehrt und die Gitarren von Eric Clapton und Jimmy Hendrix hingen in Schaukästen an der Wand. Hunderte von Fans standen zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter in einer langen Schlange vor der Pforte und warteten auf Einlass ins museale Rock-Paradies. Heute ist in der „Memorabilia- Ausstellung“ im Nebenhaus (The Vault) auch die Bank-Karte von Madonna (Ciccone) zu sehen und es fällt nicht schwer sich die extravaganten Kleidungsstücke vorzustellen, die sie im kurzfristigen Austausch für dieses kleine Dokument über den Ladentisch geschoben bekam. Auch ein mit schwarzen Pelzstücken besetzter, knallroter Mantel aus dem Besitz von Elvis Presley ist zu bewundern. An Yoko Onos und John Lennons Friedensdemonstrationen erinnern ihre Weihnachtspostkarten aus dem Jahr 1969 auf denen zu lesen war: „War is over! If you want it“
Der nostalgische Wind der Rockgeschichte weht durch den Speisesaal, in dem heute die älteren Herrschaften mit ihren Enkelkindern sitzen und ihnen von der guten, alten und bewegten Zeit berichten und dabei, wie ehemals, mit den monströsen Weißbrötchen kämpfen, die den mit viel Salat, Käse und Bacon bedeckten Hamburger umschließen. Das Ketchup ist allerdings nicht mehr in Glasflaschen, aus denen es – selbst nach massivem Draufklopfen – nie herauslief, sondern in Plastikgefäßen, die man per Druck entleeren kann. Im Hintergrund hört man über die Lautsprecher die alte Schnulze von Carol King vom „Hard Rock Cafe“ und für Bruchteile von Sekunden tauche ich nochmals in die Atmosphäre einer verblassten Jugendzeit, während eine junge weibliche Bedienung hüfteschwingend im Minirock an mir vorbeitanzt, als wolle sie mir bedeuten, dass es doch noch nicht vorbei sei.
Später, als aus dem Londoner Original, das Vorbild für eine Restaurantkette mit gleichem Namen geworden war, sind wir auf unseren Reisen, wenn immer es in einer Stadt ein „Hard Rock Cafe“ gab – und das waren immerhin über 170 Städte in der ganzen Welt – dorthin gepilgert um noch einmal die angeblich so einmalige Bühnenluft der Rockstars zu schnuppern. Aber es wurde immer deutlicher: nur das Londoner Etablissement, welches 1971 in den ehemaligen Verkaufsräumen der Automobillegende „Rolls-Royce“ gegründet worden war, konnte den Rockkult wirklich vermitteln – und so ist es auch noch heute – ein kleines bisschen.