Kriesenbewältigung durch Lebensfreude?

Frisches Gras und Rosenblätter auf der Strasse beim Fronleichnasmszug in Granada

Frisches Gras und Rosenblätter auf der Strasse beim Fronleichnamszug in Granada

Am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitstag wurde Fronleichnam gefeiert. In Granada hat dieses Fest mit seinen feierlichen Prozessionen eine lange Tradition. Wie in vielen katholischen Regionen der mediterranen Welt wurden Altäre entlang des Prozessionsweges aufgebaut und die Strasse mit grünem Gras und Rosenblättern bestreut. Es duftete nach Heu und Weihrauch.Unter dem Sonnenschutzbaldachin, der den Strassen der Innenstadt etwas Schatten gibt, säumten unzählige Menschen die vorbeiziehenden Musikanten, kirchlichen Würdenträger und Gemeindemitglieder. In diesem Krisenjahr 2012 war die Stimmung trotzdem ausgesprochen ausgelassen, was in den Köpfen der Zuschauer allerdings vor sich ging, blieb mir naturgemäß verborgen. In der Woche um Corpus Christi (Fronleichnam) fand auch das jährliche Stadtfest (feria de Granada) statt. Auf einem Festplatz am Stadtrand war eine Kirmes aufgebaut und in Granadas ehrwürdiger Arena fanden Stierkämpfe statt, die mit berühmten Toreros die „aficionadas“ anlockten. Granada befand sich in diesen Tagen im Ausnahmezustand.

In den Tageszeitungen war seit langem nur noch von der akuten Bankenkrise die Rede, sie hat ja schon längst auch andere Teile des täglichen Lebens der Bürger in diesem Land erfasst. An einem sonnendurchtränkten Tag wie dem diesjährigen Fronleichmahmstag sieht niemand die unzähligen Verkaufsanzeigen für Wohnraum an den Häusern oder die herabgelassenen Jalousien vor den geschlossenen Läden. Da wurde gefeiert und für eine Weile das Unangenehme vergessen und den schönen Seiten des Lebens gehuldigt. Vor einem Strassenaltar angesichts der Mutter Gottes wurden zum Katagnettenrhytmus „Sevillanas“ getanzt. Mein Freund Pepe war allerdings skeptisch: „Du hast nur die Leute gesehen, die – wie Beamte und Staatsangestellte – sich keine Sorgen machen müssen, die anderen sitzen zuhause, blasen Trübsal und träumen nur von Sevillanas auf der Strasse.“ Ob er Recht hat?

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