Die großen Cuvées aus Bordeaux, dem Chianti-Gebiet oder der Rioja sind natürlich einst aus einem gemischen Satz entstanden. In Spanien war der Mischsatz die übliche Weinbergspraxis. In der Beatus-Handschrift aus dem 10. Jahrhundert, die sich heute in der Bibliothek des Escorial befindet, gibt es eine Darstellung des Jüngsten Gerichtes als Allegorie der Ernte. Die Heiligen legen die Sichel an den Weinstock und ernten die Trauben. Bei genauerem Hinsehen erkennt man am gleichen Stock weiße und rote Trauben. Da das Buch in San Millán de la Cogolla, mitten in der Rioja, angefertigt wurde, ist anzunehmen, daß der anonyme Künstler die Praxis der Weinlese dort darstellte. Natürlich wuchsen auch damals an ein und dem gleichen Stock nicht Trauben unterschiedlicher Farbe, aber die Botschaft war klar: der Wein war ein Gemisch aus Mosten roter und weißer Trauben. Noch heute, ein Jahrtausend später, trifft man solche Mischungen in Spanien gelegentlich an.
Der in ganz Europa praktizierte gemischte Satz verschwand erst mit den Auftreten der Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts und der damit verbundenen Entwicklung des Pfropfrebbaus (heimische Sorten auf amerikanische Unterlagen gepfropft). Die Rebsortenreinheit gewann zunehmend Bedeutung, ein Trend, den die Flurbereinigungen in vielen Ländern noch massiv verstärkten und der letztlich auch dem Zeitgeist entsprach. Damit konnten dann auch Cuvées jedes Jahr mit gleichbleibenden Rebsortenverhältnissen und mit optimaler Reife, reproduzierbar hergestellt werden, was den Weinstil natürlich grundlegend änderte. Über ein Jahrhundert galt sogar das Dogma, daß der „gemischte Satz“ mit Qualitätsweinbau nicht wirklich in Übereinstimmung zu bringen sei. Heute kommen einige Winzer wieder zurück auf den Mischsatz und erzeugen damit kleine önologische Wunder. Man sollte aber nicht vergessen, dass es sehr viel Handarbeit und Wissen erfordert einen Rebgarten mit gemischtem Satz richtig zu bewirtschften. Ein Knackpunkt ist natürlich der richtige Termin der Weinlese. Ebenso ist viel Erfahrung bei der Vinifikation derarigen Lesegutes notwendig