Weinmacher auf der ganzen Welt versuchen sich durch die Besonderheit ihrer Weine von einander abzugrenzen. Wie aber kann man etwas „besonderes“ in den Wein bekommen? Wenn das Terroir kein ausreichendes Unterscheidungsmerkmal bietet, kann man versuchen durch Experimente mit der Vinifikation dem Wein den gewünschten „Kick“ zu geben. Etliche Biowinzer in verschiedenen Ländern haben in der letzten Zeit mit einen Griff in die Mottenkiste der Weinerzeugung erfolgreich versucht die Szene zu beleben: sie sind zurück ins historische Altertum mit seinen Tonamphoren gegangen.Es gibt Berichte, u.a. vom antiken Historiker Strabon, nach denen die europäische Weinkultur in Georgien entstanden sein soll und folgerichtig hat man dort die Kvevris (auch Quevris geschrieben), die lokale Variante der Amphore, wieder entdeckt. Diese Gefässe wurden meist in einem Gebäude in der Erde vergraben und dienten als Gär- sowie als Lagerbehälter für den Wein. Wie überall rund ums Mittelmeer gab es auch in La Mancha, dem Land des Don Quijote, diese Amphoren als wesentlichen Bestandteil der dortigen Weinkultur. Sie wurden „tinajas“ genannt, was sich vom lateinischen „tina“ (Eimer, Kübel, Wanne) herleitet. Heute sieht man solche Monster, die bis zu 2000 Liter fassen konnten, noch als Dekoration vor Kellereien oder an Einfahrten zu Weinorten. Durchschnittlich neun Monate arbeitete eine Werkstatt an einer derarigen Riesenamphore und entsprechend teuer waren sie. Erst als man sich in den 80iger und 90iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von den Tinajas verabschiedete, begann die Qualität der Weine von La Mancha ihr heutiges, teilweise beeindruckendes Niveau zu erreichen.
Gebrannter Ton ist porös. Unter dem Mikroskop sieht er wie ein Schwamm aus: lauter winzige Poren. Diese kleinen Hohlräume sind nicht völlig dicht und lassen Wasser in beide Richtungen durch. Wenn es die Aussenwand erreicht und abdunsten kann entsteht Kühle, die eine gewisse natürliche Temperaturkontrolle bei der Gärung bewirkt. Die erwähnte Struktur des Tons stellt aber auch sein grösstes Problem dar: die Besiedelung mit Mikroorganismen, wie Bakterien und Pilzen. Wenn man mal von fungi- und bakteriziden, chemischen Keulen absieht, ist eine schonende Reinigung dieser Gefässe nach mehrmaliger Befüllung praktisch unmöglich und dies machte ihren Gebrauch schliesslich auch obsolet. Brettanomyces und andere geschmacksaktive Organismen verdarben die Freude. Dennoch, die große Sommeliére und Publizistin Paula Bosch bescheinigte manchen Amphorenweinen mittlerweile gute Qualität, gestand aber gleichzeitig ein: „Nicht jeder wird sich mit dem besonderen Geschmack anfreunden.“ (Selects Magazin, Frühling 2012). Da erhebt sich die Frage ob die Ergebnisse tatsächlich den Aufwand rechtfertigen?