Mandelblüte am Dreikönigstag  Mandelblüte am 6.1.2012
Selbst die älteren Bauern der Gegend hatten soetwas noch nicht erlebt: im andalusischen Süden glichen die letzten Tage des Jahres 2011 und die ersten des neuen einem verirrten Sommer. Als habe sich das Wetter in der Zeit vertan kletterten die Temperaturen auf frühsommerliche Werte und das leise Summen in der Luft deutete darauf hin, daß sich viele Insekten frühzeitig auf die Suche nach Pollen gemacht hatten. Tatsächlich wurden sie an den dem Meer zugewandten Südhängen auch fünding: viele Mandelbäume standen bereits in voller Blüte. Die zarte Schönheit der rosa umrandeten, schneeweißen Blüten erinnerte mich an ein altes Märchen aus der Maurenzeit, das ich vor langer Zeit einmal gehört hatte. Obwohl es nichts mit Wein zu tun hat (dafür aber umso mehr mit meiner Wahlheimat Andalusien) möchte ich es kurz erzählen:
Im maurischen Granada lebte zur Zeit der Kleinkönigreiche eine glückliche Prinzessin. Sie ließ sich nur selten außerhalb des Palastes blicken, aber diejenigen die sie gesehen haben sprachen von ihr, daß sie schön wie der zunehmende Mond sei und ihr langes, dunkles Haar nach Rosen dufte. Der Thronfolger im entfernten Cordoba hatte dies gehört und entschloß sich um die Hand des jungen Mädchens anzuhalten. Also machte er sich auf den Weg nach Granada. Als sich die beiden das erste Mal in die Augen sahen, wußten sie, daß sie für einander bestimmt waren. Im darauffolgenden Sommer fand in Cordoba ein großes Hochzeitsfest statt zu dem auch der ganze Hof von Granada geladen war. Die Tage und Nächte vergingen wie im Rausch, die schöne Prinzessin aus Granada wurde von den Bürgern der Stadt gefeiert und alles deutete darauf hin, daß das Glück dem jungen Mädchen auch in der neuen Heimat hold blieb. Schließlich wurden die Tage wieder kürzer und der kühle Wind aus der Sierra Morena verhieß den Winter. Die Prinzessin aber verfiel in eine tiefe Melancholie, die niemandem verborgen blieb. Auf die Frage ob es ihr an irgentetwas fehle, gab sie zur Antwort, daß sie große Sehnsucht nach den schneebedeckten Bergen ihrer Heimatstadt habe. Als der Königssohn dies hörte, ließ er im Palastgarten, direkt vor dem Zimmer der unglücklichen Prinzessin, Mandelbäume pflanzen. Fortan sah das junge Mädchen jedes Jahr im Februar die weißen Blütenblätter im Winde wie Schneeflocken tanzen. Der Boden wurde schliesslich von den Mandelblüten bedeckt und bald sah es tatsächlich aus wie eine Schneedecke. Die Prinzessin erkannte in den Mandelblüten die Liebe ihres Gatten und war wieder glücklich bis an das Ende ihrer Tage.
Derartige Märchen sind durchzogen von der feinen Melancholie und Wehmut, die uns heutige Betrachter noch ergreift, wenn wir bewundernd vor den filigranen Bauwerken maurischer Architektur stehen.
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Etwas über uns … Im Blog "Spaniens Weinwelten" hat der Journalist und Weinkritiker Thomas Götz unter dem Titel „Los Barrancos – der Wein, der Vogel und die schönen Künste“ unser „Vogel-Projekt“ sachkundig beschrieben und kommentiert.
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Kreativität und Wein
In meinem „önosophischen Blog“ widme ich mich im weitesten Sinne kulturellen Themen und dies, obwohl der aus dem Griechischen abgeleitete Begriff „Önosophie“ eigentlich nur die „Weisheit vom Wein“ bedeutet. Wie der Wein selbst können auch die Gedanken eines Weingeniessers gelegentlich in ein breiteres zivilisatorisches Umfeld geraten und Bereiche wie die Musik, die Philosophie, die bildende Kunst, die Literatur und auch die Gesellschaftspolitik umfassen. Dieses Spektrum versuchen die unterschiedlichen Thematiken meiner Beiträge auszudrücken, wobei mir der Wein gelegentlich schöpferisch zu Hilfe kommt.
Wein trinken und genießen ist etwas Emotionales, und im Wein kann der Künstler Inspiration finden. Keiner hat dies schöner und treffender ausgedrückt als Shakespeare in seinem "König Heinrich der Vierte" (2. Teil, 4. Aufzug, 3. Szene) , wo er den lebensfrohen Falstaff in der Übersetzung der beiden Schlegels ausrufen lässt:
(Der Wein) „steigt Euch in das Gehirn, zerteilt da alle albernen und rohen Dünste, die es umgeben, macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von behenden, feurigen und ergötzlichen Bildern; wenn diese dann der Stimme, der Zunge, überliefert werden, was ihre Geburt ist, so wird vortrefflicher Witz daraus".
Vortrefflicher Witz können natürlich auch die schönen Farben und Formen des Malers oder Bildhauers bzw. die spannenden Klänge des Musikers sein. „Vortrefflichen Witz“ hat auch Antonio Machado, Spaniens bedeutendster Lyriker des 20. Jahrhunderts mit einem wunderschönen, schnörkellosen Gedicht zustande gebracht (meine holprige Übersetzung bitte ich zu entschuldigen):
Un vino risueño me dijo el camino
Yo escucho los áureos consejos del vino
Que el vino es a veces escala de ensueño.
Abril y la noche y el vino risueño
Cantaron en coro su salmo de amor
Ein lächelnder Wein wies mir den Weg
Ich vernahm seine goldenen Ratschläge
Denn der Wein ist manchmal eine Stufe zu den Träumen.
Der April, die Nacht und der lächelnde Wein
Sangen gemeinsam ihren Psalm der Liebe
Ich hoffe, dass Sie Freude an meinem Blog und an unserer kleinen und exklusiven Auswahl spanischer Weine haben.
Peter Hilgard
Wir meinen, Wein ist eine Kultur des moderaten Genusses
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