Was passiert, wenn zwei Ausnahmekünstler ihre vier Jahrzehnte währende musikalische und persönliche Freundschaft auf einer gemeinsamen Konzerttournee zelebrieren? Für Musikfreunde, die sich dazu am 8. März 2016 im großen Saal der Frankfurter Alten Oper zusammengefunden hatten geriet die Begegnung mit dem Cellisten Mischa Maisky und der Pianistin Martha Argerich zu einer kammermusikalischen Sternstunde. Drei Sonaten für Cello und Klavier standen auf dem Programm: Schuberts „Arpeggione-Sonate“ (a-Moll D 821), Beethovens Sonate in g-Moll op.5 Nr. 2 und César Francks A-Dur-Sonate.
Die Geschichte der Stücke von Schubert und Franck ist insofern interessant, als beide ursprünglich für andere Saiteninstrumente geschrieben wurden. Der Arpeggione war ein am Beginn des 19. Jahrhunderts neu erschaffenes Instrumentenhybrid aus Gitarre und Violincello. Man gab ihm auch die klanglich motivierte Bezeichnung „guitarre d´amour“. Durchgesetzt hat sie sich im Musikgeschehen nicht und Schuberts Sonate blieb die einzige bekannte Komposition für dieses Instrument. César Franck hatte seine große A-Dur Sonate ursprünglich für Violine und Klavier geschrieben. Erst ein bekannter Cellist hat sie später, offenbar mit Einwilligung des Komponisten, Note für Note für das Cello transkribiert. Gott sei Dank, kann man da aus heutiger Sicht nur sagen, obwohl sie als Violin-Sonate wesentlich bekannter geblieben ist!
Schuberts Arpeggione-Musik war bezaubernd schön. Die warmen und gefühlvollen Töne der „Liebesgitarre“ zauberte Mischa Maisky aus seinem Instrument mit einer einfühlsamen Heiterkeit hervor, die selbst die Pianistin vor Begeisterung fast verstummen ließ. Sie hielt sich im Hintergrund und gewährte dem Cello-Gesang Ihres Freundes den Vortritt. Es hörte sich tatsächlich wie eine große Liebeserklärung an das Instrument an. Beethoven war da ein ganz anderes Kaliber! Der erste Satz der g-Moll-Sonate, das Adagio sostenuto ed espressivo, ließ eine mystisch verwobene Melancholie aufkommen, die eingebunden in die enorme Vergeistigung Beethovenscher Musik auf meinem Rücken Gänsehautschauer erzeugte. Die beiden Freunde, Maisky und Argerich, gaben ihr Letztes an Ausdruck und spielerischem Können und mir war klar, diese paar Minuten des Adagios waren der absolute Höhepunkt des Abends! Dagegen war Francks Sonate ein ganz gewaltiges und stellenweise sehr emotionales Tongemälde. Aus dem Steinway ließ Martha Argerich die beeindruckende Gewalt einer großen Orgel ertönen. Es war eindeutig, der Komponist musste selbst ein virtuoser Organist gewesen sein. Das eher zarte Cello Maiskys geriet da gelegentlich etwas in die zweite Klangebene. Frenetischer Beifall und vier Zugaben beendeten einen wunderbaren Musikabend.