Die Säure im Wein ist wie das Salz in der Suppe!

Der Titel verrät´s schon: ich bin ein großer Verehrer der Säure im Wein. Bekanntlich ist der Geschmack eines Weines immer ein ganzes Paket von verschiedenen Sinneseindrücken, die uns die Zunge vermittelt und dem der Geruchsinn unterstützend zur Seite steht. Die Geschmacksnuancen nehmen wir über die Zunge wahr aber erst gemeinsam mit dem Geruch ergibt sich daraus das Aroma des Weins. Beide Sinne, Geschmack und Geruch, sind ganz eng mit unseren Emotionen verbunden – das kennt jeder Weinfreund zur Genüge. Von den fünf Grundarten des Geschmacks, die wir im auch Wein wiederfinden können (bitter, sauer, süß, salzig und umami) ist letztlich die Mischung für das Gaumenerlebnis ausschlaggebend. Ein Wein kann notfalls auf einzelne Anteile von Bitterkeit, Salz, Umami und Süsse verzichten und dann trotz seiner geringen Komplexität noch irgendwie trinkbar sein, aber er kommt niemals ohne ausreichende Säure aus. Es fehlt ihm dann Frische und er erscheint fett, unattraktiv und langweilig, zudem ist er auch kaum mit einer Speise kombinierbar. Ihn als „bekömmlich“ zu bewerben darf mittlerweile auch nicht mehr sein (siehe Blog: Gesundheitsbezogene Weinwerbung darf nicht sein!).

Aus chemischer Sicht sind es die sogenannten Wasserstoff-Ionen („H+“), die von einer Säure in wässriger Lösung abgespalten werden und an entsprechenden Geschmacksrezeptoren für den Reiz „sauer“ verantwortlich sind. Wein enthält sehr viele Säuren, die als potentielle Geber für H+ fungieren können. Neben der Weinsäure sind es die Apfel-, Milch- Zitronen- Bernstein- und schweflige Säure („Sulfite“). Dazu kommen die im Wein gelöste und von der Gärung stammende Kohlensäure sowie die gefürchtete Essigsäure, die in etwas höherer Konzentration den sog. „Essigstich“ bewirkt.

Die Angabe der (sog. „titrierbaren“) Gesamtsäure, die in Gramm pro Liter (g/l) ausgedrückt wird, gibt Auskunft über die Summe aller vorhandenen Säuren (Normal: 4 – 10 g/l). Leider kann die Labormethode der Säuremessung in unterschiedlichen Ländern sehr verschieden sein, je nach dem verwendeten Säure-Standard. In den Mittelmeerländern, einschließlich Spanien und Frankreich, bezieht sich der g/l-Säurewert auf die Schwefelsäure während deutsche Önologen die Weinsäure bevorzugen. Die beiden Standards sind aber völlig ungleich und benötigen einen Umrechnungsfaktor von 1,53. (z.B. ein Säuregehalt von 5,5 g/l Schwefelsäure entspricht einem Säuregehalt von 8,4 g/l Weinsäure!). Ohne Angabe der Referenzsäure ist ein internationaler Vergleich von Säurewerten eigentlich überhaupt nicht möglich.

Neben dem bloßen Empfinden „sauer“ tragen Säuren auch ganz wesentlich zur Aromatik des Weins bei. Fruchtige Noten (Weinsäure), unreife grüne Äpfel (Apfelsäure), laktische Töne wie Yoghurt und Butter (Milchsäure) geschmacksverstärkende Salz- und Bitternoten (Bersteinsäure) sind Beispiele dafür. Neben den farbstabilisierenden Effekten ist die Säure auch ein ganz wesentlicher Faktor bei der Haltbarkeit des Weins. Vorausgesetzt ausreichende Extraktwerte lassen eine lange Lagerung überhaupt zu, kann man pauschal sagen, dass je höher die Säurewerte sind, desto länger kann ein Wein in der Flasche reifen.

Säure macht einen Wein lebendig und dies gilt ganz besonders für die Kohlensäure (in Jungweinen bis zu 2g/l vorhanden). Champagner und Konsorten leben davon (6 – 9 g/l)! Ein junger Weißwein der eine kleine Menge Kohlensäure auf der Zunge erkennen lässt, wird oft als „spritzig“ charakterisiert. In der Sprache der Weinfreunde wird allerdings das Gas „Kohlenstoffdioxyd“ (CO2) unpräzise als Kohlensäure angegeben; in Wirklichkeit handelt es sich um eine chemische Verbindung dieses Gases mit einem Wassermolekül. Kohlensäure ist ein großartiges Konservierungsmittel für jungen Wein, da es der Oxydation entgegen wirkt, deshalb wird es auch in der Weinbereitung vielfach eingesetzt. Bei Rotweinen (außer ganz frischen, jungen) ist die Wahrnehmung von gelöstem CO2 eigentlich nicht erwünscht und es sollte vor der Flaschenfüllung entwichen sein. Das Vorhandensein von viel Kohlensäure kann selbstverständlich auch immer ein Zeichen von Nachgärung in Flasche und damit eines Weinfehlers sein!

 

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