Delikat: Rotschimmelkäse und Wein

„Brevibacterium linens“ ist der lateinische Name für einen Keim, der häufig auf die Oberfläche von Frischkäse zusammen mit Salzlösung und anderen Ingredienzien gesprüht oder gepinselt wird (franz. affinage). Bei der weiteren Käsereifung kommt es dann zu einer rötlich-orangenen Rinde. Zwar dringt diese sog. „Rotschmiere“ nicht in das Innere des Käses vor, sorgt aber trotzdem für einen außerordentlich charakteristischen Geschmack und zwar unabhängig von der Konsistenz des Käses. Sowohl Hart- als auch Schnitt- und Weichkäse kann so zum „Rotschmierkäse“ ( bzw. auch „Rotschimmelkäse“ genannt) werden. Mittlerweile gibt es standardisierte industrielle Verfahren, die die Herstellung verschiedener derartiger Käsesorten in großen Mengen ermöglichen. Um der Rindenfarbe nachzuhelfen werden u.U. künstliche und/oder natürliche Farbstoffe eingesetzt. Jeder Supermarkt führt eine Auswahl dieser Käse. Ihre Gemeinsamkeit ist der penetrante „Käsegeruch“, weshalb das Objekt der Begierde immer gut verpackt sein sollte. Deutschland verfügt über eine lange Rotschmierkäsetradition, die im Volksmund auch häufig als „Stinkerkäse“ apostrophiert werden: Weinkäse, Miesbacher, Romadur, Bierkäse, Limburger, Schlierbacher, und andere Namen wurden ihm verpasst. Ihre jeweiligen Besonderheiten erhalten sie durch Hinzufügung von Bier, Apfelwein oder Wein und Gewürzauszügen zur Salzlake.

Neben der deutschen Vielfalt ist es vor allem Frankreich, wo die großen Rotschmierkäse beheimatet sind. Sie werden fast immer mit Wein oder Trester „affiniert“ (veredelt). Prototyp dieser Käse ist der „Epoisses“, dessen Geschichte bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht., als burgundische Mönche diesen Käse kreiert haben. Mit „Marc de Bourgogne“, dem Schnaps aus dem Trester des Pinot Noir wird er besprüht, bzw. gewaschen. Der fertige Käse hat dann tatsächlich die kräftig rote Farbe der Erde der Côte d’Or. Mit dieser Feststellung ist die Weinempfehlung zum Epoisses auch bereits ausgesprochen. Ein zweiter Rotschmier-Klassiker aus unserem Nachbarland ist der elsässische „Munster“. Bei ihm wird der Trester gegen Wein, häufig Gewürztraminer aus der Region, ausgetauscht, der dann auch den natürlichen Weinbegleiter dieser Köstlichkeit darstellt. Auf keinen Fall darf der großartige Schweizer „Appenzeller“ vergessen werden – ein fester Rotschmierkäse der Spitzenklasse und phantastischer Begleiter eines Spätburgunders!

Kann man spanischen Wein zu deutschem, französischem oder schweizer Rotschmierkäse rechtfertigen? Die klare Antwort ist: „yes, we can!“. Ich habe einige Kombinationen probiert und kann sie vorbehaltlos empfehlen. Wer den sehr aromatischen und würzigen Geschmack dieser Käsesorten schätzt, sollte sich nach bukettreichen Weißweinen – vielleicht mit etwas Restsüße – oder sehr tanninarmen Rotweinen umsehen. Die Burgunderrebe Chardonnay ist eine gute Wahl. Tatsächlich der junge Enate Chardonnay 234 aus den Jahr 2012 passt wegen seiner eigenen ausgeprägten Aromatik sogar zu recht reifen Rotschmierkäsen (dazu eignen sich übrigens auch barriqueausgebaute Chardonnays – Weine vom Burgundertyp). Eine wunderbare Geschmacksharmonie bildet der Masia Freye 2012 mit seinem fruchtigen, vom Moscatel herrührenden, frischen Rosenduft und –geschmack. Sehr reife Rotschmierkäse, die bereits über eine gewisse Schärfe verfügen, können auch einen roten Süßwein von Typ des Pansal de Calás gut als Begleiter vertragen. Vorsicht aber bitte mit dem Verzehr überreifer Rinde bei gleichzeitigem Weingenuß: es können unangenehme metallische Töne am Gaumen erscheinen, die alles andere als vergnüglich sind!

Am Schluss noch ein medizischer Aspekt: Das Brevibacterium kann mit anderen Bakterien vom Typ der sog. „Listerien“, assoziert sein. Diese sind praktisch überall präsente Keime aber nur die Listeria monocytogenes kann beim Menschen Krankheit verursachen. Besonders bei Schwangeren kann eine „Listeriose“ gefährlich sein, da sie schwere Folgen für das ungeborene Kind haben kann. Also: lieber keine Rotschimmelkäse in der Schwangerschaft!

 

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