Geschmacks- und Dufterlebnisse beim Weintrinken

Rosenduft im Wein?

Rosenduft im Wein?

Die Sinnesphysiologie, d.h. die Lehre von den körperlichen Wahrnehmungen, unterscheidet beim Geschmack  zwischen dem „primären“ und dem „erworbenen“. Das positive Geschmacks-empfinden beim Weintrinken ist, ähnlich wie beim Kaffee, dem Tabak, dem Kaviar und unendlich vielen anderen Genußmitteln, erworben. „Acquired taste“ nennt man dies in der englischen Fachsprache der Biologen.

Wie bei vielen Geschmäckern, die der Mensch erst im Erwachsenenalter so richtig zu schätzen beginnt, bedarf es auch beim Wein sehr viel Übung und Wissen um in die Höhen vorzudringen. Und wie kommt man dazu? Nur durch sehr viel Probieren. Oft  sind Geschmackserlebnisse und Düfte mit Situatuationen verbunden in denen wir glücklich oder unglücklich gewesen sind während wir dem Geruch ausgesetzt waren. Diese Sinneserinnerungen entstehen dann wieder aufs Neue wenn wir sie abermals wahrnehmen. Ausserdem können die persönlichen Gefühls- und Stimmungszustände das Duft- und Geschmackserlebnis wesentlich beeinflussen. Jedem Weintrinker sind diese Zusammenhänge bekannt. Man muß sich, gerade beim Geniessen von Wein, immer über die enorme Subjektivität von Geruchs- und Geschmackserlebnissen bewusst sein. Ja, der Wein kann im wahrsten Sinne des Wortes zur Bewusstwerdung der großen Vielfalt unserer Empfindungen führen.

Hält man sich dies vor Augen, versteht man gut, daß selbst die „Weinpäpste“, die ja sicher auch Stimmungen unterworfen sind, nicht unfehlbar sein können. Welch eine Welle der Entrüstung hat Robert Parker hervorgerufen, als er wagte deutsche Riesling-Weine in sein 100 Punkte-Schema zu pressen! Der große Kenner von Bordeaux oder Kalifornien hat daran zunächst Schiffbruch erlitten, weil er die Weine und ihre Hintergründe nicht kannte. Dies ist aber ganz besonders wichtig für eine der wesentlichen Funktionen des Weinkritikers, nämlich die „Prospektion“. Er sollte die Qualität eines Weines prospektiv beurteilen, d.h. er muß eine Ahnung haben wie sich der Wein entwickeln wird. Die Trinkqualität eines Weines ist an einem bestimmten Zeitpunkt nicht absolut objektiv und für alle Zeiten unverrückbar festzustellen.. Viele Kreszenzen erreichen erst nach einer längeren Lagerzeit ihre Trinkreife, ein Umstand der sich zum Zeitpunkt des Genußes einem ungeübten Weintrinker nicht unbedingt zu offenbaren braucht. Der Kritiker aber muß das Potential des Weins aus seinem Erfahrungsschatz beurteilen können. Damit legt er auch in gewissem Sinne den Wert eines Weines fest. Nicht viel anders ist die Geschichte mit dem „terroir“. Man muß es kennen und schon einmal auf der Zunge gespürt haben um es wiederzuerkennen und zu schätzen.

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