Die Seele des Rebgartens und seine Früchte

Von Gustave Flaubert gibt es ein kleines Buch mit dem Titel „Wörterbuch der gemeinen Phrasen“ (Dictionnaire des idées reçues). Der Autor der „Madame Bovary“, eines Bestsellers des 19. Jahrhunderts, hat darin Stichwörter gesammelt und sie mit den dazugehörenden Gemeinplätzen, Platitüden, Klischees und Vorurteilen seiner Zeit in Zusammenhang gebracht (erschienen im Eichborn Verlag, Frankfurt/Main, 2005).

Unter „Weine“ finden wir dort folgende Einträge: Diskussionsthema. Ihre Eigenschaften. „Bordeaux ist der beste, schließlich verordnen ihn die Ärzte“ und „Je schlechter er schmeckt, umso weniger ist er gepanscht.“

Man kann sich gut vorstellen, wie diese Themen in den Caféhäusern und Salons, wo die Pariser Schickeria sich mit ungeheuren Worthülsen dem small-talk hingab, mehr oder weniger ernsthaft besprochen wurden. Bei dem letzten Satz habe ich einen Moment innegehalten, denn irgendwie, dachte ich, hätte ich eine ähnliche Behauptung auch im 21. Jahrhundert gehört.

Natürlich, die Weine der s.g. „Neuen Welt“ fallen mir da sofort ein. Was gibt es da zur Geschmacksverbesserung nicht für Möglichkeiten der Panscherei! Aromahefen und Holzspäne sind da ja noch harmlos. Geschmacksfraktionierung und erneutes Zusammensetzen sowie Entalkoholisierung passen den Wein einem Publikumsgeschmack an, der von Coca-Cola oder süßer Limonade geprägt worden ist.

Ich bekenne mich vorbehaltlos zur Natur! Auch „nicht-gepanschte“ Weine können nämlich schmecken, u.U. sogar viel besser, wenn der Winzer nicht eine Neuschöpfung versucht, sondern sich lediglich als Interpret des Terroirs versteht. Er sollte die Seele des Rebgartens und seiner Früchte erfasst haben, dann wird er immer einen guten, weil charaktervollen, Wein machen und benötigt nicht Hightech oder Chemie. Seit über drei Jahrzehnten bin ich auf der Suche nach derartigen Weinmachern und finde sie unschwer auch heute noch!

Von dem, was ich bei diesen „Wein-Künstlern“ erfahren habe, möchte ich u.a. an dieser Stelle regelmässig berichten.

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