Was geht uns eigentlich Katalonien an?

„High Noon“ in Katalonien (am Ayuntament de Tarragona, dem lokalen Provinz-Regierungssitz)

Deutschland ist mit Spanien über eine sehr lange gemeinsame Geschichte eng verbunden. Der spanische König Karl V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging, war in Personalunion Kaiser des deutschen Reiches. Gemeinsame politische und kulturelle Interessen wurden über die Jahrhunderte gepflegt bis es im 20. Jahrhundert zu der unheiligen Allianz zwischen den schändlichen, faschistischen Diktatoren beider Länder kam. Trotz allem: Spanier suchten wenig später ökonomische Prosperität, die es in der Heimat damals nicht gab, und sie kamen in großer Anzahl nach Deutschland. Umgekehrt suchten die gestressten Deutschen Erholung von Arbeit und Geldverdienen unter Spaniens Sonne und fanden sie reichlich! Es ist also natürlich, dass das Interesse der beiden Länder aneinander recht groß ist. Trotzdem stellt sich die Frage des Blog-Titels für uns Deutsche „Was geht uns eigentlich Katalonien an?“

Die von lokalen Politikern in Barcelona und andern Regionen Kataloniens forcierten Abspaltungstendenzen von Spanien können auch uns nicht kalt lassen, denn das Auseinanderfallen des spanischen Staates baut sich am Horizont wie eine gewaltige Gewitterfront auf. Die Kräfte in diesem Machtkampf von Spanien und Katalonien sind allerdings sehr ungleich verteilt. Da die spanische Verfassung, der die Katalanen ebenfalls zugestimmt haben, ausdrücklich die Loslösung einer Region des Landes aus dem Gesamtstaat verbietet, verfügt die Zentralregierung über sämtliche juristischen Möglichkeiten dies zu verhindern. Genau an dem Punkt steht das Land im Augenblick. Das Lokalparlament, von dem die Unabhängigkeit der „Republik Katalonien“ ausgerufen wurde, wurde aufgelöst und die verantwortlichen Politiker verhaftet um wegen „Rebellion“ vor Gericht gestellt zu werden. Eine Neuwahl brachte keine grundlegende Veränderung der Mehrheitsverhältnisse. Der alte und neue Präsident und einige seiner parlamentarischen Helfer flüchteten ins Ausland und eine Propagandaschlacht großen Ausmaßes begann auf beiden Seiten. Als kritischer Deutscher muss man einen neutralen Standpunkt in dem Konflikt einzunehmen, denn es handelt sich tatsächlich um eine innerspanische Angelegenheit in der die Meinung von Ausländern nicht gefragt ist. Akzeptiert! Aber man darf doch wenigstens fragen „warum reden die Kontrahenten nicht miteinander?“. Die Fronten sind offenbar so verhärtet, dass alle zur Sprachlosigkeit verdammt zu sein scheinen. Mangels Gesprächspartnern im eigenen Land versucht der flüchtige katalanische Präsident alles Mögliche, das Ausland dazu zu bringen seine Neutralität zugunsten Kataloniens aufzugeben.

Es ist eines der Merkmale der europäischen Linksliberalen emotional immer auf der Seite der Schwächeren zu sein. So kommt es, dass gerade in dieser politischen Schicht der katalanische Separatismus auf Sympathie stößt. Das ist nicht zu ändern und so wird die „katalanische Krise“ ganz automatisch einerseits in die sozialen Netzwerke und andererseits verantwortungslos in die Parteipolitik getragen. Uns Hedonisten, die Katalonien wegen seiner grandiosen Küche, seiner wunderbaren Weine und seiner Kultur seit Urzeiten verfallen sind, würde es größtes Ungemach bereiten, wenn dieses Land nicht mehr Teil des bunt glitzernden Kaleidoskops namens „España“ wäre. Katalanische Künstler wie Eduardo Mendoza, Santiago Rusiñol, Joan Miró, Antoni Gaudí und hunderte andere sind aus dem kulturellen Gefüge Spaniens nicht wegzudenken und so bleibt der innige Wunsch eines jeden der Spanien liebt, dass eine seiner farbenfrohsten Regionen weiter dazugehören möge.

Niemand leugnet, dass Katalonien unter der faschistischen Diktatur im Namen Spaniens viel Unrecht widerfahren ist, aber wie unser eignes Land sich in  gegenseitigem Respekt sogar mit dem jüdischen Staat Israel auseinandersetzen kann, müsste es leicht sein eine Koexistenz zwischen Katalonien und dem Rest Spaniens zu ermöglichen, vorausgesetzt die Partner respektieren ihre genseitigen Eigenheiten und Bedürfnisse. Damit wäre der Konflikt entschärft und Europa könnte wieder aufatmen. Mit dieser Hoffnung in unseren Köpfen möchten wir daran glauben, dass die beteiligten Politiker jenseits der Pyrenäen sich bald an einen Tisch setzen und endlich zu reden beginnen. Die spanische Krise darf nicht zu einem grenzüberschreitenden Politikum gemacht werden. Im Augenblick ist sie eine Angelegenheit für die spanischen Juristen auf beiden Seiten und das sollte so auch möglichst bleiben! Es könnte sich als fataler Fehler erweisen, wenn die internationale Politik in diesem Konflikt Stellung für die Separatisten beziehen würde.

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