Genuss in Spanien: Bacalau und anderer Pökelfisch

Stockfischproduktion 1924 auf den Lofoten,
von: National Library of Norway via Wikimedia Commons

„De gustibus non est disputandum“ (Über Geschmäcker lässt sich nicht streiten) diese lateinische Erkenntnis soll der französische Gastrosoph, Schriftsteller und Koch Brillat-Savarin seinen unzähligen Anhängern hinterlassen haben. Vermutlich ist es die Übersetzung der spanischen Weisheit „sobre los gustos no hay disputo“ (oder umgekehrt).  Ob Brillat-Savarin dabei auch an den Klippfisch bzw. seine Mittelmeer-Variante, den (span.:) „Bacalau“, gedacht hat, ist nicht überliefert. Es gibt in der Tat nur sehr wenige, etablierte und in vielen Gegenden rund um das Mittelmeer bereits traditionelle, Gerichte, die von Feinschmeckern so kontrovers beurteilt werden wie der gesalzene und luftgetrocknete Kabeljau, auf spanisch Bacalau genannt. Noch heute kann man einen Teil der Gründe für seine Ablehnung in manchen kleinen Lebensmittelläden in andalusischen Dörfern erriechen: den typischen, trockenen und penetranten Fischgeruch, dem das Tranige allerdings völlig fehlt. Es ist ein so charakteristischer Sinneseindruck, den man nicht vergisst und der sich bei gut zubereiteten Speisen mit Bacalau auch am Gaumen wiederfindet und für viele Feinchmecker den geschmacklichen Reiz ausmacht. Bacalau ist, streng genommen, einer von den vielen, in der spanischen Gastronomie beliebten „salazónes“, (Pökelfische und -fleisch). Der ernährungsphysiologische Hintergrund für gepökelte Fisch- und Fleischwaren ist selbstverständlich die Konservierung des Eiweißes, und anderer wichtiger Nährstoffe darin, durch das Salz.

Ursprünglich gab es zwei Methoden des Trocknens von Fisch: (1) den Stockfisch, der ungesalzen an Holzgerüsten in der kühlen Atlantik-Luft hing und trocknete und teilweise vergärte, sowie (2) den  Klippfisch der vor dem Trocknen 2-3 Wochen in Salz gelegt („Salzreifung“) und dann – ohne zu gären – auf Felsen (Klippen) der Sonne ausgesetzt wurde bis er trocken war. Die norwegische Inselgruppe der Lofoten war vermutlich der erste Ort an dem Stock- bzw. Klippfisch produziert wurde. Wie das Helmholz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel kürzlich herausfand, müssen die Wikinger in ihren norddeutschen Siedlungen bereits zwischen den Jahren 800 und 1100 getrockneten Kabeljau (Dorsch) aus Norwegen importiert haben (zit. Nach Damals 49, Nr. 10, S. 7) Dort waren es im Mittelalter vor allem die Fischer in der Gegend des heutigen Kristiansund, die ihre Trockenfische an spanische und portugiesische Händler verkauften. Im 17. Jahrhundert wurden aus diesem Handel dann blühende Geschäftsbeziehungen zwischen den Mittelmeeranrainern und Norwegen. Mit der Entdeckung Neufundlands 1497 eröffneten sich ganz neue und schier unerschöpflich erscheinende Quellen für den mittlerweile hochbegehrten Trockenkabeljau. Viele Länder rund um den Globus entwickelten ihre eigene Kultur getrockneter und gesalzener Fische. Einst waren es aber fast immer einfache, erschwingliche Mahlzeiten, ja der gesalzene und getrocknete Fisch wurde mancherorts geradezu zum Symbol der Armut. Trotzdem hat man, insbesondere in Portugal, ein unerschöpfliches Arsenal von „Bacalhau“- Rezepten geschaffen, viele davon sind große Delikatessen für den Liebhaber der salzkonservierten Fische. Obwohl der Bacalau als Nationalgericht der Portugiesen bezeichnet wird, gibt es ihn in der spanischen Küche in ebenso großer Vielfalt. Wie vorauszusehen war, ist es in den vergangenen Jahrzehnten durch Überfischung zu einer dramatischen Abnahme des Fischbestandes in den Weltmeeren gekommen und dementsprechend ist auch die Materia Prima von Bacalau & Co. rar und teuer geworden.

Neben dem Bacalau, der ja eigentlich gar kein spanisches Nahrungsmittel ist, gibt es noch andere „salazónes“, die in Spanien selbst hergestellt werden. Das bekannteste Produkt sind die Anchovis, filetierte, fermentierte Sardellen in einer gewürzten Salzlake. Wenn sie aus den kantabrischen Atlantikgewässern im Norden Spaniens stammen, sind sie eine ganz große, und nicht unbedingt preiswerte, Delikatesse. Anchovis finden auch in verschiedenen Saucen kulinarische Anwendung, sie dienen dann vornehmlich zum Würzen (z.B. von Pasta- und Pizza-Saucen). Eine andere Spezialität, die ihren maurischen Ursprung nicht leugnen kann, ist die „Mojama“ (arab.: musama): getrocknete und gesalzene Thunfischfilets; diese werden für kurze Zeit im Salz eingelegt, dann gewaschen und anschließend zwei bis drei Wochen im Freien Wind und Sonne ausgesetzt, bis sie fast trocken sind. Mojama wird, ähnlich wie Schinken, in ganz dünne Scheiben geschnitten, mit Öl beträufelt und schließlich mit Oliven, Mandeln oder klein geschnittenen Tomaten als Tapa serviert. Was trinkt man zum Bacalau und zu anderen fischigen „salazónes“? Im Prinzip natürlich Weißwein, aber welchen hängt ganz wesentlich vom Grad des Salzgehaltes der fertigen Speise ab. Bacalau, der sehr lange und gründlich im Wasser entsalzt wurde ist bei der Getränkeauswahl praktisch wie frischer Fisch zu beurteilen. Wenn er nur wenig gewässert ist, d.h. noch deutlich Salz enthält, was geschmacklich von großem Vorteil ist, desto extrakt- und/oder säurerreicher sollte der Wein sein. Zu Sardellen und Mojama kann ich persönlich auch einen Manzanilla- (schmeckt ja ebenfalls etwas salzig) oder Fino-Sherry als Begleitung empfehlen – was immer passt, ist selbstverständlich auch ein frisch gezapftes Bier.

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