Ollés „Holländer“ im Teatro Real

Innenraum mit Köngsloge im Teatro Real, Madrid

Das Verhältnis der Spanier zu Richard Wagner und seiner Musik wird auch heute noch geprägt von der tiefen künstlerischen Ablehnung des deutschen Komponisten durch Manuel de Falla, Spaniens musikalischer Nationalikone. Ob der lebenslange Antifaschist de Falla wohl wusste, dass die „Operation Feuersturm“, jene Luftwaffenunterstützung Francos durch Hitler, die der berüchtigten „Legion Condor“ vorausging, nach einer Aufführung von „Siegfried“ in Bayreuth konzipiert wurde? De Falla und vielen seiner musikinteressierten Landsleuten ist der Egomane Wagner zu teutonisch und häufig auch zu bombastisch. Aber nicht alle Spanier sehen das offenbar so: das Theaterkollektiv „La Fura dels Baus“ aus Barcelona ist längst in die Geschichte der Wagner-Inszenierungen eingegangen durch ihre Interpretation des „Rings“ in Valencia im Jahre 2009 unter der musikalischen Leitung von Zubin Metha. Die Spannung war also groß als ich am 2. Januar 2017 ins ehrwürdige Teatro Real (Königliches Thater) ging um Richard Wagners „El Holandés Errante“ (Der fliegende Holländer) in der Regie von Álex Ollé zu sehen und zu hören. Ollé ist der künstlerische Direktor des Randale-Ensembles (Spiegel Online vom 13.1.2010) „La Fura dels Baus“.

Das Bühnenbild war eine Videokollage in ganz großem Stil und wurde bereits bei der Overtüre geöffnet wobei es mir den Atem verschlug. In einem surrealistischen Abwrackhafen stand das überdimensionierte Schiff des Holländers, Wellengang mit stürmischer Gischt und Gewitter am Nachthimmel visualisierten den Klang und die düsteren Farben des Vorspiels. So ging es die ganze Oper über weiter: Arbeiter demontierten langsam das Schiff  Planke für Planke während die Handlung sich direkt daneben am Strand fortsetzte. Am Schluss stürzt sich Senta nicht vom Felsen sondern geht bei steigender Flut im tosenden Wasser unter. Ich empfand sehr stark, dass die ganze Inszenierung eine emotionale und wirklich packende Bühnenhuldigung an das Meer bzw. an das Wasser war. Der Dirigent war Spaniens junger Weltstar Pablo Heras-Casado, der das Orchester suverän führte. Die herausragendste Stimme gehörte Ricarda Merbeth, die die Senta verkörperte. Sie kennt alle großen Bühnen dieser Welt und es war ein Glücksfall, sie im Teatro Real hören zu dürfen.

Noch ein Wort zum Teatro Real. Es ist Spaniens bedeutendstes Opernhaus mit einer Geschichte, die ins Jahr 1850 zurückgeht. Es wurde während der Regentschaft Isabels II. (1830 – 1904) im Geist der beginnenden Belle Epoque erbaut. Seinerzeit gehörte es zu Europas bedeutendsten Bühnen. 1925 musste es geschlossen werden, da Mängel an der Bausubstanz insbesondere im Bühnenbereich die Sicherheit nicht mehr gewährleisten konnten. Nach über 40 Jahren der Agonie wurde es zunächst als Konzertsaal 1966 wieder eröffnet aber es sollten nochmals 30 Jahre vergehen bis der von der neugegründeten Stiftung  „ Teatro Lirico Nacional“ initierte Umbau 1997 schließlich fertig war. Seither sind so bedeutende Werke wie der „Don Quijote“ von Cristobal Halffter und „The Perfect American“ von Philip Glass dort uraufgeführt worden. Zusammen mit dem königlichen Schloss, dem Palacio de Oriente, bildet die Westfassade des Opernhauses an der Plaza Isabel II ein äußerst reizvolles und weitläufiges architektonisches Ensemble, dessen Flair man in einem der Strassencafes am Rande genüsslich auf sich wirken lassen kann.

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