Hélène Grimaud und Mat Hennek in der Elbphilharmonie

Gigantisch: die Elbphilharmonie in Hamburg

Im Großen Saal der neuen Hamburger Elbphilarmonie standen auf dem Podium in der Mitte des überdimensionierten Raums ein Piano, zwei Lautsprecher und eine riesige LED-Leinwand. Die gefeierte französische Pianistin Hélène Grimaud sollte ihre bereits berühmte Zusammenstellung von romantischen und zeitgenössischen „Wasser“-Klavierstücken sowie die „transitions“, des Engländers Nitin Sawhney, kleine ein- bis zweiminütige elektronisch generierte Tonfolgen, ebenfalls zum Thema „Wasser“, spielen. Auf der Fläche direkt hinter dem Klavier wurden Bildinstallationen ihres Lebensgefährten, dem deutschen Fotografen Mat Hennek vorgeführt. „Woodlands and beyond…“ war nicht nur der Titel der optischen sondern der gesamten akustisch-optischen Darbietung im Konzertsaal. Ein Experiment, das es in sich hatte!

Die „Deutsche Grammophon“ hatte bereits Anfang 2016 die CD mit den 8 verschiedenen „Wasser-Stücken“ und den Transitions herausgebracht und sie wurde schlagartig zu einem Bestseller unter den Klassik-Neuerscheinungen. Die Feststellung, dass Wasser gleichbedeutend mit Leben sei war das Credo der für den Naturschutz eintretenden Pianistin und im Beiheft zur CD schrieb sie: „Der Musik zuzuhören bedeutet, der Natur zuzuhören“. Was lag da näher als der Musik noch eine optische Dimension hinzuzufügen in der Natur sichtbar ist? Mit den Installationen von Hennek ist dies, mit persönlichen Einschränkungen meinerseits, beinahe gelungen. Während sich durch die „Transitions“ zwischen den Musikstücken in der Tat ein akustisches Gesamtkunstwerk ergab, standen die Bilder immer etwas daneben und der Zuschauer hatte Mühe die Klänge und Rhythmen mit den Farben und Objekten auf der Leinwand zusammenzubringen. Mir schien es gelegentlich als würde hier vom Zuhörer und gleichzeitigen Betrachter ein beschwerliches, emotionales „Multitasking“ verlangt.

Großer Saal mit Flügel, Lautsprecher und LED-Leinwand vor dem Konzert von Hélène Grimaud

Nicht immer treten in den dargebotenen Musikstücken der Klang und die Reflexe des Wassers im Sonnenlicht des Südens so deutlich zu Tage wie in Franz Liszts grandiosem Stück von den Wasserspielen der Villa d´Este. In „Almeria“ von Isaac Albéniz muss man zwischen den melancholisch seufzenden, maurischen Klängen das Meer zu Füßen des Alcazar schon suchen. In der großartigen Barcarolle Nr. 5 von Gabriel Fauré, der „Versunkenen Kathedrale“ (La cathédrale engloutie) aus den Préludes von Claude Debussy und aus den „Wasserspielen“ (jeux d´eau) von Maurice Ravel erkennen wir nicht nur die Gewalt und Kraft des tosenden und brodelnden Wassers sondern auch die verführerische Eleganz und Finesse französischer Tonkunst, die auch das Wesen der Musikerin Hélène Grimauds tief geprägt hat. Mit ihrem und Sawhaneys „Wasser-Medley“ ist ein neues, wunderbares Kunstwerk entstanden in dem zusätzliche Bilder eigentlich keinen Platz haben, denn die Musik ist von sich selbst aus schon außerordentlich bilderreich.

Für das Konzert gab die Elbphilharmonie einen beinahe idealen Rahmen. Im riesigen, zart rosa erleuchteten Konzertsaal war das Klavier selbst im Pianissimo noch zu hören als stünde man neben ihm. Das gesamte Gebäude mit seinen unendlich vielen Ebenen, die mit Rolltreppen und Fahrstühlen verbunden sind, ist äußerst beeindruckend. Auf den Terrassen hatte man das Gefühl an der Reling eines Ozeanriesen zu stehen, der gerade in den Hamburger Hafen einläuft. Gelegentlich hatte ich allerdings tatsächlich den Eindruck als seien die Planer und Architekten der Elbphilharmonie einer übertriebenen Gigantomanie verfallen gewesen: neben den vielen Restaurants gibt es sogar ein Luxushotel, in dessen Wintergarten man im Angesicht von ringsherum Schiffen, Frachtern und Lastkränen einen Cocktail oder ein Glas Wein mit Genuss in Hafenatmosphäre schlürfen kann.

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