Einfache Chemie und trotzdem nicht banal: das Kochsalz

Fleur de Sel aus der Camargue

„Schlachte nicht mehr als Du salzen kannst“ besagt eine alte Bauernweisheit und deutet auf die große Bedeutung des Salzes für die Haltbarmachung der Ernährung des Menschen. Aber über Salz zu schreiben mag vielen Lesern äußerst banal erscheinen und tatsächlich offenbart eine Internet-Recherche sehr schnell, dass das Thema bereits in einer Unmenge von Büchern und Aufsätzen behandelt wurde. Salz als Handelsware, Salz als kulinarische Zutat, Salz als Konservierungsmittel und Salz als gesundheitspolitisches Problem sind die wesentlichen Themen und Inhalte dieser Schriften. Mich interessieren, neben den medizischen, vor allem die geschmacklichen Aspekte des Salzes. Die Köche unterscheiden bekanntermaßen (1) das Küchensalz zum Kochen und Braten vom (2) „Finishing“-Salz zum genau dosierten Nachwürzen ihrer Speisen. Ein Blick in die Regale der großen Delikatessengeschäfte oder spezialisierten Supermärkte offenbart sofort, dass es von allen Salzen zahllose Varianten gibt, die sich mehr oder weniger durch die Beschaffenheit ihrer Kristalle, ihre salzige Geschmacksintensität und ihren Gehalt an begleitenden Mineralien voneinander unterscheiden. Eine der guten Eigenschaften des Salzes ist, selbstverständlich nur bei richtiger Dosierung, seine Fähigkeit Aromen zu verstärken ohne einen reinen Salzgeschmack zu hinterlassen. Bevor ich mich auf Details der „Salzkunde“ einlasse, möchte ich ein paar Sätze zur medizinischen Thematik auf dem Bildschirm festhalten.

Das Salz für unsre Speisen besteht aus den beiden Atomen Natrium und Chlor und wird vom Chemiker deshalb auch als Natriumchlorid (NaCl) bezeichnet. Da es sich bei diesem Molekül um einen wichtigen Regulator des Zellstoffwechsels handelt gibt es eine Mindestmenge, die der Mensch zu sich nehmen muss: sie beträgt nach einer Schätzung der WHO etwas unter 5 g am Tag (eine wirkliche Untergrenze ist von den Gesundheitsbürokraten erstaunlicherweise nicht quantifiziert worden).

Tatsächlich wird aber allgemein deutlich mehr Salz als notwendig konsumiert. Manche Statistiken nennen in den westlichen Industrieländern einen Tageskonsum von 8 bis 11 g. Ist das zu viel Salz und ungesund? Um eine erhöhte Salzkonzentration im Körper auszugleichen kommt es zur Einlagerung von Wasser im Gewebe und damit zu einem Salzverdünnungseffekt im Körper. Die Konsequenz davon ist der Durst nach salzigem Essen! Gleichzeitig kann der Blutdruck ansteigen und, bei längerem Andauern, zu entsprechenden Folgekrankheiten führen. So jedenfalls war bislang die gängige Lehrmeinung unter Medizinern zum Thema Salz. Bei näheren Hinsehen erkennt man allerdings, dass die Datenlage dazu sehr dürftig ist. Heute besteht Konsens bei den Fachleuten, dass das geringste Risiko für Herz-Gefäßerkrankungen als Folge von hohem Blutdruck bei einem täglichen Salzkonsum zwischen etwa 8-18g Salz pro Tag (das sind 1,5 – 3,5 Teelöffel) liegt. Dass bestimmte Salzsorten, wie z.B. das eisenhaltige, rote Himalaya-Salz, ganz besondere gesundheitliche Wirkungen haben sollen, gehört wohl ins Reich der Legenden.

Obwohl alle Salze ihren geologischen Ursprung vor ewig langer Zeit in einem mittlerweile verschwundenen Meer hatten, spielt unter den Küchensalzen das sog. Siedesalz die wichtigste Rolle. Es entsteht durch Verdampfen (sieden!) von Sole, dem salzhaltigen Wasser von Salinen oder künstlich angelegten Solekammern. Der Klassiker unter diesen Salzen ist das „Bad Reichenhaller Alpensalz“ Wenn die Sole direkt in Flaschen abgefüllt wird, redet man von „Sprühsalz“, ebenfalls eine sehr feine und subtile Art Speisen mittels einer Sprühflasche zu würzen.

Das Steinsalz wird tatsächlich in Bergwerken abgebaut, am berühmtesten dürfte unter den Gastronomen das „Ausseer Bergkernsalz“ aus dem österreichischen Salzkammergut sein. Es ist rötlich-braun gefärbt und sehr reich an Eisen und Mineralien, was sich in einem kräftigen Geschmack niederschlägt. Das „weiße Gold der Karpaten“, wie das Steinsalz der Karpaten gelegentlich apostrophiert wird, wird seit Jahrtausenden in der Region zwischen der Ukraine, Polen und Rumänien abgebaut und ist, selbst in naturbelassenem Zustand, eines der reinsten Salze auf dem Markt. Geschmacklich ist es milde-salzig und eignet sich hervorragend auch zum Nachsalzen von kalten Speisen.

Der Klassiker unter den direkten Meersalzen ist das „Fleur de Sel“. Es wird an den Küsten Europas in Salzwasserbecken („Salzgärten“) hergestellt. An heißen Sommertagen und bei gleichzeitiger Windstille bildet sich auf der Wasseroberfläche eine zarte Salzschicht (die „Salzblüte“), diese wird mit einem rechenähnlichen Schaufelinstrument abgeschöpft und getrocknet. Fleur de Sel ist das edelste aller Meersalze, ist von etwas feuchter Konsistenz, relativ grobkörnig, von kristalliner Struktur und mit einem sehr mineralischen, aber dezenten Geschmack. Es ist das „Finishing Salz“ par excellence und wird gerade wegen seines knusprigen Bisses, der kleine Salzexplosionen auf der Zunge hinterlässt, so geschätzt. Hierher gehört auch das mittels einer besonderen Technik aufgekochte, flockige Salz aus Maldon (Maldon-Salz) an der Küste von Essex in England. Die sensorisch geübten Salzesoteriker behaupten das Fleur de Sel jeder Region hätte seinen eigenen, unverwechselbaren Geschmack. Das französische aus der Camargue unterscheide sich vom malloquinischen Flor de Sal d´es Trenc oder vom Flor de Sal aus dem portugiesischen Naturschutzgebiet von Tavira in der Algarve. Gibt es tatsächlich so etwas wie ein Salz-Terroir? Denkbar ist es natürlich.

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