David Helfgott life in Wien

Die beiden Steinway-Flügel auf denen Rhodri Clarke und David Helfgott im Wiener Musikverein das 3. Klavierkonzert von Rachmaninoff spielten.

Nachdem ich den Film von Cosima Lange gesehen und an dieser Stelle darüber berichtet hatte, ist mir David Helfgott nicht mehr aus dem Sinn gegangen. Ich wollte ihn unbedingt persönlich auf dem Podium sehen und seine Musik direkt im Original hören. Am 10. April 2017 war es dann endlich soweit: im altehrwürdigen Wiener Musikverein sollte Helfgott anlässlich seines 70sten Geburtstages ein Konzert geben. Auf dem Programm standen Frédéric Chopins g-moll Ballade Nr. 1 sowie die Konzertetüde Nr. 3, die Ballade Nr. 2 in h-moll und das grandiose impressionistische Stück „Les Jeux d´Eau de la Villa d´Este“, alle drei von von Franz Liszt. Nach der Pause kam dann das für Helfgott schicksalhafte „Rach 3“ (Rachmaninoffs 3. Klavierkonzert, d-moll) in der Version für zwei Klaviere. Den Orchesterpart spielte der Engländer Rhodri Clarke, ein seit langem bewährter Partner von Helfgott.

Weder der Chopin noch der Liszt konnten mich wirklich überzeugen. Chopin spielte Helfgott ein wenig hölzern und akademisch. Ich habe die romantische Seele des melancholischen Polen sehr vermisst. Die Musik Liszts entsprach dem Gemüt Helfgotts offenbar etwas mehr, obwohl auch in den „Jeux d´Eau“  die wunderbare Transparenz und Verspieltheit der in der Sonne glitzernden Wasserreflexe nicht wirklich getroffen war.  Ganz anders klang es dann nach der Pause, als Helfgott den Rachmaninoff zum Klingen brachte. Da brach ein Vulkan aus, der das Wiener Publikum derartig mitriss, dass bereits nach dem ersten „Allegro ma non tanto“–Satz frenetischer Applaus ausbrach. Im dritten Satz, dem Finale, kam es dann zu einer wahrhaftigen Klang-Orgie der beiden Pianos und man konnte nur die enorme Fingerfertigkeit des Solo-Pianisten Helfgott bewundern; in dieser Musik schien er sich gleichsam aufzulösen, er wurde eins mit ihr. Ein großartiges, sehr emotionales Erlebnis!

Der Auftritt von David Helfgott entsprach den Erwartungen, die ich aufgrund des erwähnten Films in ihn gesetzt hatte. Seine schweren, schizoaffektiven Störungen, die ihn jehrelang in psychiatrische Behandlung gebracht hatten, scheinen noch zu existieren, allerdings mit dem recht positiven Grundton, der sein Verhalten offenbar noch immer bestimmt. Tänzelnd, in ein hellblaues, langes Seidenhemd gehüllt betrat er das Podium, bewegte zum Begrüßen des Publikums seine beiden Arme auf und nieder und schüttelte einigen Besuchern, die hinten auf dem Podium saßen, die Hände und rief tatsächlich mehrfach „Hello“. Beim Spielen dann sang, bzw. brummte er mit, was ich teilweise als sehr störend empfand. Das Publikum, welches ihm nach dem Konzert stehende Ovationen darbrachte, schien ihn und seine Macken gut zu kennen, es war kaum zu bändigen und klatschte ihn immer wieder auf die Bühne zurück. Nach drei Zugaben musste Helfgotts Manager aufs Podium kommen um ihm zu bedeuten, dass er jetzt verschwinden müsse. Dann war die Vorstellung zu Ende, und ich um eine wunderbare musikalische Erfahrung reicher.

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