Spanische Gärten: hören und sehen

Der Garten: Vorlage für Maler und Musiker

Der Garten: Vorlage für Maler und Musiker

An dieser Stelle habe ich schon öfter meine Liebe zu Gärten bekundet (z.B. Der Wein im Paradies), dabei hat mich die Vorstellung geleitet, dass diese Anlagen eine der schönsten Huldigungen des Menschen an die Natur sind. Nirgends sind sich Kunst und die belebte Natur so nah wie in einem Garten. Genuss und Glück vermittelten einst im Garten Eden die Nähe des Göttlichen. Kein Wunder, dass auch Maler sich von Gartenlandschaften bezaubern lassen konnten und zu allen Zeiten und in allen Kulturen den Gärten mit Stiften, Kreide oder Pinsel gehuldigt haben. Eine wunderbare Zusammenstellung der modernen Gartenmalerei von Monet bis Matisse war kürzlich in der Londoner Royal Academy of Arts zu sehen (Painting The Modern Garden. Monet to Matisse). Unter den vielen sehenswerten Exponaten waren auch einige Bilder des Spaniers Santiago Rusiñol i Prats (1861 – 1931). Eben dieser Maler hatte seinem Künstlerkollegen, dem Komponisten Manuel de Falla (1876 – 1946) eine Bilder-Mappe mit einigen seiner Gartenansichten geschenkt. De Falla wurde dadurch zu einem seiner schönsten Werke, den dreisätzigen „Nächten in spanischen Gärten“ (Noches en los jardines de España) inspiriert. Das impressionistische Tongedicht trägt den Untertitel „Sinfonische Impressionen für Klavier und Orchester“. Ich kenne die Bilder Russiñols nicht, die de Falla geschenkt bekam, aber das was ich in London gesehen habe gibt mir eine gute Vorstellung von der inspirierenden Mystik und Farbenvielfalt seines Oevres.

Mich fasziniert an den Nächten in spanischen Gärten nicht nur die ungewöhnliche Instrumentierung, mit einem „obligaten Klavier“ als Orchesterinstrument, sondern vor allem der großartige Melodienreichtum. Immer wieder tönen verträumte und wie im Gegenlicht verschwimmende maurische bzw. andalusische Themen auf, die gelegentlich folkloristische und ein anderes Mal sehr wehmütige Töne anklingen lassen. Die historischen Generalife-Gärten der Alhambra stehen im ersten Satz mit ihrem Farbenüberschwang inmitten geometrischer Strenge vor mir und die Nase füllt sich mit feuchtem Buchsbaum- und Nardenduft. Das Klavier reflektiert die glitzernden Sonnenstrahlen auf den kunstvollen Wasserspielen. Im mittleren Satz mit dem Titel „Danza lejana“ (Ferner Tanz) kann man wieder träumen während am Ende in den Gärten des Berglandes von Córdoba (en los Jardines de la Sierra de Córdoba) zu Zigeunertänzen aufgespielt wird und sich die Musik immer wieder mit Elementen des cante  jondo vermischt. Kein Zweifel, hier hat der große Bewunderer von Claude Debussy sich von seinem französischen Vorbild gelöst und urspanische Musik geschaffen!

Was für ein beglückendes Gefühl aus einer Gemälde-Ausstellung zu kommen und ein musikalisches Erlebnis gehabt zu haben! Das lässt mich mal wieder die Frage, stellen ob man Malerei generell in Musik übersetzen kann, bzw. ob Musik immer auch bildlich darstellbar ist. Darüber ist viel spekuliert worden und die sog. „Synästhetiker“ wie z.B. Kandinsky einer war, können Musik offenbar sehen, bzw. Farben hören. Darüber habe ich an dieser Stelle mit dem Bezug auf Weinbilder und den Geschmacks- bzw. Duftsinn bereits geschrieben.

Den Rest des Tages, an dem ich das oben beschriebene Erlebnis hatte, habe ich gegenüber der Royal Academy am Piccadilly mit einer Flasche Wein und „kleinen Schweinereien“ im 1707 gegründeten Delikatessenhaus Fortnum & Mason verbracht. Auch dieser kleine Abstecher hat die Sinne in hohem Maße erregt!

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