Iberische Frühligsboten: Nisperos

Nisperos sind keine Mispeln

Nisperos sind keine Mispeln

Für einen spanischen Feinschmecker ist das Erscheinen der ersten „nisperos“ auf dem Markt das untrügliche Signal, dass der Frühling begonnen hat. Verführerisch golden-gelb leuchten sie in ihren Körben an den Obstständen und mancher Tourist aus dem Norden mag sie für gelbe Pflaumen oder eine Art Aprikose halten – bis er ihren Namen „nispero“ erfährt und dann im Wörterbuch den deutschen Begriff „Mispel“ dafür findet. Aber hier irren Langenscheidt und Co. ganz gewaltig, denn dieses Kernobst ist keine Mespilus germanica (deutsche Mispel) sondern eine Eriobotrya japonica (japanische Wollmispel), auch Loquat genannt. Gemeinsam ist beiden allerdings ihre botanische Herkunft: sie gehören zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

Der Nispero-Baum kann sehr groß werden und in der Höhe bequem 12 Meter messen. Er ist immergrün mit großen, schmalen und länglichen Blättern, deren Unterseite kleine silberne Härchen tragen. Da sie ausgesprochen dekorativ aussehen und noch dazu bereits in den letzten Wintermonaten blühen und während dieser Zeit einen wunderbaren, rosenähnlichen Duft verströmen, hat man sie in ihrer asiatischen Heimat (China und Japan) fast ausschliesslich als Zierpflanze angebaut. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam sie nach Spanien, wo ihre Früchte einen regelrechten Siegeszug antraten. Sie müssen reif gepflückt und nach der Ernte schnell verarbeitet werden. Recht oft bekommen sie braune Flecken, die eigentlich ein gutes Zeichen der Reife und des Aromas sind, aber für die Konsumenten eher abstossend wirken. Um die Flecken zu verhindern muss man mit äußerster Vorsicht beim Pflücken vorgehen. Zur Vermeidung mechanischer Schäden ist  die Ernte von Hand, im April oder Mai, absolut zwingend, was letztlich auch die verhältnismäßig hohen Preise der Früchte erklärt.

Man verzehrt das Obst am besten frisch geschält und entkernt. Nisperos haben einen sehr feinen, verhalten fruchtigen Geschmack, der von einer frischen Säure getragen wird. Mir schmecken die Früchte gekühlt am besten. Sie sollen übrigens sehr gesund sein, denn sie enthalten neben reichlich Mineralstoffen wie Phosphor und Kalzium, Substanzen mit entzündungshemmenden Eigenschaften sowie Vitamin C und E. Man sagt ihnen zusätzlich harntreibende Wirkung nach. In Spanien werden die Nisperos auch als Kompott oder sogar gebraten als Beilage zu Fleischgerichten serviert. Da die Früchte einen hohen Pektingehalt haben kann man sie zur Herstellung von Gelees und Marmeladen verwenden, wobei es sich empfiehlt ein wenig Zitrone, Limette, Mandarine oder Orange zur Geschmacksintensivierung hinzuzugeben.

Der Nispero-Baum ist sehr resistent gegen viele in Obstgärten übliche Schädlinge, was zu seiner Beliebtheit nicht unwesentlich beigetragen hat. Da man praktisch auf Schädlingsbekämpfung verzichten kann sind Nisperos fast immer per se Ökofrüchte. Die größte Anbaufläche in Spanien liegt in der Provinz Alicante im Algar-Tal und in der Gegend um Callosa d’en Sarria. Dort gibt es sogar eine geschützte Herkunftsbezeichnung (Denominacion de Orgien) für Nispero-Anpflanzungen. Von dort erreichen die Früchte im Frühjahr auch Deutschland.

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