Eine Meinung zum Brexit

halber Union-Jack für ein geteiltes Land

halber Union-Jack für ein geteiltes Land

Als ich am Freitag, dem 24. Juni morgens das Ergebnis des Europa-Referendums in Großbritannien aus dem Radio erfuhr, war mein erster Gedanke, dass sich am Wahltag eine Nation selbst die Erlaubnis zum kollektiven Selbstmord gegeben hatte. Ich konnte nicht fassen, dass sich eine Mehrheit der sonst so rational veranlagten Briten gefunden hatte für die romantischen Vorstellungen einiger Populisten. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes zur Sprachlosigkeit verdammt. Was mir allerdings schnell klar wurde, war, dass die direkte Demokratie mit dem Volksentscheid über den Verbleib des Landes in der Europäischen Union offenbar an ihre Grenzen gekommen war. Noch am Tage vor der Abstimmung waren angeblich über 10 % aller Wahlberechtigten unentschieden wohin sie ihr Kreuzchen setzen sollten. Dies kann doch nur bedeuten, dass vermutlich 4 Millionen Menschen überhaupt nicht verstanden hatten, dass es um eine Schicksalsentscheidung für ihr Vaterland ging. Wie wäre sie ausgegangen wenn die Leute informiert gewesen wären? Darf man das Ergebnis eines derartigen Referendums überhaupt ernst nehmen?

Am Tag nach dem Volksentscheid für den sog. „Brexit“ kam der Kater: Unterschriften wurden im Internet gesammelt mit dem Ziel eine neue Volksbefragung herbeizuführen, welche die Entscheidung revidieren konnte. Die Stadt London, eine Hochburg europäischen Geistes, will alleine in der EU bleiben, die Schotten, glühende Anhänger Europas bereiten eine erneute Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von Großbritannien vor, die europafreundlichen Nordiren wollen sich mit dem EU-Mitglied Republik Irland vereinigen. Viele in der EU lebende Briten wollen die Staatsbürgerschaft ihres Gastlandes annehmen um dabei bleiben zu können. Wegen eines politisch unsinnigen Referendums steht das Land jetzt vor einem Scherbenhaufen. Aus dem UK (United Kingdom) wird vermutlich ein DK (Divided Kingdom) werden. Einen Schuldigen für das Ungemach hat das britische Volk auch sofort gehabt: den Ministerpräsidenten David Cameron, der auch prompt ankündigte von seinem Posten zurückzutreten. Er war tatsächlich nicht besonders aufrichtig; jahrelang hat er gegen die EU gewettert und dann sollte er plötzlich den Verbleib seines Landes in der Gemeinschaft propagieren. Das haben  ihm vermutlich nur die wenigsten seiner potentiellen Gefolgsleute abgenommen.

Wir „Resteuropäer“ sollten wissen, dass Großbritannien, mit oder ohne Referendum, immer ein Teil Europas war, ist und bleibt. Es wäre fatal, wenn unsere Politiker die Türen jetzt zumachten und sich gar freuten, dass die „schrulligen“ Briten, unabhängig davon, ob sie in einem UK oder einem DK leben, draußen sind. Unsere Geschichte ist ihre Geschichte, das kann kein Referendum je ändern. In jedem Glas Sherry, Portwein oder Bordeaux schwingt auch ein wenig von britischer Lebensart und die bewundern wir doch alle ein wenig!

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