Auch für Weintrinker: Craft Bier

Craft Bier-Favoriten

Craft Bier-Favoriten

Als gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten eine Handvoll „micro-breweries“ versuchten eine Alternative zu der Phalanx der wässrigen und so gut wie geschmacksneutralen industriellen Biere zu brauen, ahnten sie nicht, dass sie damit einen weltweiten Trend lostreten würden. Das 1988 erstmals hergestellte „Samuel Adams Boston Ale“ wurde zum Auslöser einer Bierrevolution, die heute unter dem Namen Craft-Beer beinahe die ganze Welt erfasst hat. In den USA war es auch ein ökonomischer Erfog: Ein Fünftel des Bierumsatzes im Lande wird mittlerweile mit Craft Bieren gemacht! Das haben in Europa auch manche Weinmacher begriffen und begonnen sich mit Bier zu beschäftigen (darüber habe ich anlässlich der ProWein 2016 berichtet).

Viele „Neuerungen“ basieren – wie so oft – auf einer Wiederenteckung des Alten. So ist es auch bei den Craft Bieren. Im Fokus steht dabei die sog. Kalthopfung („Hopfenstopfen“) d.h. der Hopfen wird erst nach der Gärung dem gerade entstandenen und wieder abgekühlten Bier zugegeben, wobei besonders fruchtige Hopfensorten Verwendung finden. Dies war auch in Deutschland eine gerne angewandte Methode zur Erhöhung der Haltbarkeit des Biers. Im sog. India Pale Ale (IPA), einem im 19. Jahrhundert in England gebrauten Bier für die Kolonialherren im fernen Indien, welches den langen Seeweg nach Asien überstehen musste, hat das Hofenstopfen einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität geliefert.

Die jungen „Brauwilden“ haben nicht nur den Hopfen als Geschmacksträger wiederentdeckt, sie haben auch erfolgreich alte Braustile hervorgekramt und angewendet. So kamen Sauerbiere und dunkle Starkbiere als „Craft Biere“ in die Flaschen. Auch das gute alte Weizenbier erlebte eine Renaissance, wie überhaupt neben der klassischen Gerste auch andere Getreidesorten als Malzgrundlage, herangezogen werden. Man erinnerte sich an die belgischen Brautraditionen mit Trapisten-Bier, Lambic und Gueuze. Das Aromatisieren durch Zusatz von Früchten zum Gäransatz ist ebenfalls eine etablierte Methode neue Geschmäcker zu erzeugen. Selbstverständlich gibt es auch Fassreifung, bei der Aromen von Holz oder Kokos ins Bier kommen. Manche jungen Braumeister gehen sogar so weit und reden von Terroir beim Biergeschmack und benutzen beim Brauen nur regionale Produkte. Was dabei herauskommt freut auch den Weinfreund, denn endlich wird vom Einheitsgebräu Abschied genommen und wieder eine sensorische Vielfalt etabliert, die man wie beim Wein genießen kann.

Obwohl der Begriff „Craft Beer“ eigentlich so viel wie handwerklich erzeugtes Bier bedeutet und natürliche Reinheit suggeriert, kommen deutsche Jungbrauer immer wieder in Konflikt mit dem deutschen (eigentlich bayrischen) „Reinheitsgebot“ von 1516, welches nur Gerste, Hopfen und Wasser als Bestandteil des Bieres zulässt. Da importierte Biere nicht dem Reinheitsgebot unterliegen, hat der Konsument in unseren Breitengraden dennoch die Möglichkeit alle Bierstile dieser Welt zu verkosten. Viele Versandspezialisten bieten ein großes Bier-Sortiment an. Andererseits kann man das alte Reinheitsgebot auch als Herausforderung ansehen und versuchen neue Geschmacks- und Dufterlebnisse im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zustande zu bringen, wie das die Bayreuther Brauerei Gbr. Maisel mit ihrem genussreichen Pale Ale in der Serie „Maisel & Friends“ sehr überzeugend gelungen ist. Es ist mittlerweile eines meiner Lieblingsbiere mit Champagner-ähnlicher Spritzigkeit und sehr schönen, frischen Grapefruit- sowie zarten Fichtennadeltönen. Um beim Vergleich mit dem Wein zu bleiben: mir scheint dieses Bier ein „Riesling“ unter den Gerstensäften zu sein!

Da es so aussieht als wären die Konsumenten gerne bereit für den neuen „Craft“-Geschmack deutlich mehr zu zahlen als für herkömmliche Massenware springen immer mehr Großbrauereien auf den Zug und produzieren hochpreisige und geschmacksintensive Biere, die den „Craft Bieren“ Konkurrenz machen und Marktanteile zurückgewinnen sollen. Es ist zu hoffen, dass die neue Bewegung auch die herkömmliche Braukunst qualitativ positiv verändern wird.

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