Was darf eine Flasche Wein kosten?

Ein unerschöpfliches Thema bei Weinfreunden kreist um die Preise ihrer Favoriten. Ist ein bestimmter Kaufpreis für eine Flasche der Marke XY gerechtfertigt? Wie ist das vielbeschworene Qualitäts-/Preisverhältnis einzuschätzen? Ich selbst habe mich längst festgelegt: man kann Wein nicht wie ein Auto oder ein Smartphone nach objektiven Kriterien beurteilen, denn es gibt kein „Qualitäts-/Preisverhältnis“ sondern höchstens ein „Genuss-/Preisverhältnis“.

Was ist mir ein bestimmter Genuss wert? Im Lebensmittelrecht unterscheidet man sehr präzise zwischen dem Nährwert und dem Genusswert eines Produktes. Während der Nährwert anhand von Kalorien oder Vitamingehalt und anderen quantifizierbaren Inhaltsstoffen recht gut zu definieren ist, tut man sich beim immateriellen Genusswert schon deutlich schwerer. Die Lebensmittel-Juristen reden von „kulturellen Faktoren“ und „Wahrnehmungen mit den Sinnen“, die den Wert des Genusses ausmachen.. Wie sich dieser komplexe Sachverhalt dann noch in eine finanzielle Wertigkeit umsetzen lässt, ist eine ganz andere Frage, bestimmt aber letztlich den Endverbraucher-Preis eines Genussmittels, also auch den des Weins.

Angebot und Nachfrage sind die Grundpfeiler der Preisgestaltung aller Luxusgüter, zu denen man den Wein auch rechnen kann. Dahinter steht natürlich die Vorstellung von einer „Marke“. Letztlich ist ein Chateau Lafite, ein Vega Sicilia oder ein Sassicaia nicht viel anders zu sehen als ein Kleid von Karl Lagerfeld oder Christian Dior oder eine Tasche von Louis Vuitton. Funktionell sind sie auch nur Gebrauchsgegenstände, die man als no-name-Produkte wesentlich günstiger erhalten könnte. Auch gibt es Weine, die einen annähernd gleichen Genuss wie die gerade genannten vermitteln, die aber nicht das Prestige und die soziale Anerkennung haben. Vielfach bezahlen wir tatsächlich für den Namen des Objekts unserer Begierde, insbesondere wenn es bereits eine Art Kultstatus erreicht hat. Manchmal hat man es auch mit einer geschickten Marketingstrategie der Kellerei zu tun, die ihre Weine ganz bewusst verknappt um die Preise hochzuhalten.

Meine persönliche Preisauffassung von einem exzellenten Wein setzt irgendwo zwischen 90 und 110 Euro pro Flasche die Toleranzgrenze, denn selbst unter den denkbar aufwendigsten Produktionsbedingungen ist es schwierig sich Herstellkosten für einen Wein von mehr als 20 Euro pro Flasche vorzustellen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man bei bestimmten Gelegenheiten nicht doch einmal über die Stränge schlägt und mehr für Wein ausgibt, aber objektiv gerechtfertigt sind höhere Preise dann mit Sicherheit nicht. Grundsätzlich gilt, dass der „Markenfetischist“ immer mehr für einen guten Wein berappen muss als der entdeckungsfreudige, flexible aber anspruchsvolle Genießer. Häufig gibt es nämlich fast gleichwertige Alternativen für weniger Geld. Als eines unter vielen Beispielen genussträchtiger Alternativen sei mir gestattet den Aalto 2010 für schlappe 36.90 € zu nennen. Was für ein Genuss-/Preisverhälntis!

 

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