Umami im Wein

Wer sich schon einmal selbst überwunden und ein „Fast-Food“-Hamburger verdrückt hat, hat Bekanntschaft mit „umami“ gemacht. Das Wort stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie „wohlschmeckend fleischig und vollmundig herzhaft“. Ikeda Kikunae, ein Lebensmittelforscher in Japan postulierte Anfang des 20. Jahrhunderts, dass es neben den klassischen Geschmacksqualitäten salzig, bitter, süß und sauer noch eine fünfte gibt, nämlich die, die er „umami“ nannte und für die mittlerweile an der Zungenwurzel auch ein Geschmacksrezeptor identifiziert wurde. Kikunae fand umami vorwiegend in eiweißreichen Essenszubereitungen. Bald stellt sich heraus, dass der umami-Geschmack von dem Eiweißbaustein (Aminosäure) Glutaminsäure herrührte und dass, ein Salz davon, nämlich das Mononatriumglutamat, als Geschmacksverstärker fungiert. Als solcher wird das „Glutamat“ heute in riesigen Mengen industriell für Fertigkost verwendet. Um sich die Dimension dieses Geschäftes zu vergegenwärtigen, reicht ein Blick auf die weltweite Produktion: über 2 Millionen Tonnen werden jährlich hergestellt und verbraucht.

Das Glutamat in Nahrungsmitteln stammt aus den Zellmenbranen der pflanzlichen oder tierischen, eiweißreichen Nahrungsmittel. Es wird u.a. beim Kochen, aber auch bei der Gärung freigesetzt. Beim Begriff Gärung wird der Weinfreund hellhörig: setzen etwa die Gärhefen aus ihren eigenen Zellwänden auch umami frei? Die Antwort ist ein uneingeschränktes „ja“. Jeder Weinfreund, dem die Existenz von umami bewusst ist, kann es im Wein wiedererkennen. Insbesondere natürlich dann, wenn der Wein länger auf den Hefen lag, was vielfach bewusst geschieht um ihm im Geschmack Körper mit weichen Rundungen und Schmelz zu geben. Auch der Barriqueausbau kann umami vermitteln, nicht selten findet man geradezu „fleischige“ Noten in großen Rotweinen. Aber auch Barrique-vergorene Weißweine können die Glutamatrezeptoren erregen.

Nicht nur die Glutaminsäure und ihre Salze können den umami-Geschmack vermitteln, auch andere chemische Verbindungen wie z.B. die Purinnukleotide, wichtige Bausteine der Nukleinsäuren, wirken in die gleiche Geschmacksrichtung. Auch die Mannoproteine der Gärhefe (Saccharomyces cerevisiae) geben, wenn sie im Wein gelöst sind, umami-ähnliche Geschmackseindrücke. Diese Membraneiweißstoffe sind sog. Glycoproteine, die Mannose, einen besonderen Zucker, enthalten. Sie werden vornehmlich bei der Lagerung des Weins auf den Hefen („sur lie“) freigesetzt.

Weinfreunde und -journalisten sollten sich mehr mit der Geschmacksqualität umami beschäftigen, denn es gibt viele interessante Wechselwirkungen mit den traditionellen Weingeschmäckern  sauer, süß, bitter und salzig (mineralisch), die sich lohnen auch im Wein zu erleben und zu beschreiben. Die geschmacksverstärkenden Effekte von umami können selbst im Wein wirksam werden.

 

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