Eine kleine Hommage an den Vidadillo

Die Familie Pablo in Almonacid de la Sierra kümmert sich um die Garnacha-Variante "Vadillo"

Die Winzerfamilie Pablo in Almonacid de la Sierra kümmert sich vorbildlich um die Garnacha-Variante „Vidadillo“

Auf einer Messe im spanischen Ciudad Real habe ich vor vier Jahren am Stand der Bodegas Pablo aus Cariñena einen reinsortigen Vidadillo-Wein namens Pulchrum getrunken. Damals hat er mich begeistert und deshalb haben wir eine kleine Menge davon nach Deutschland geholt. Vielleicht ist es mir nicht geglückt die Attraktivität dieses Weines mit den richtigen Worten darzustellen, denn es interessierte sich buchstäblich niemand für die paar Flaschen, die da im Keller lagen. So kam es, dass der Wein über einige Jahre in der Flasche reifen konnte, bevor ich ihn wieder entdeckte und erneut verkostete. Was mich da im Glas erwartete war tatsächlich ein Füllhorn von Aromen, das sich um die Zedernholznoten der neuen Barriques, in denen er ausgebaut wurde, rankte. Ich habe zarte Blüten- und schwarze Beeren sowie eine feine Mineralität am Gaumen verspürt und war ziemlich erstaunt ob der Eleganz und Finesse des Weines.

Dieses sinnliche Erlebnis habe ich zum Anlass genommen nochmals über den Vidadillo zu recherchieren, was leider nicht so furchtbar ergiebig war. Offensichtlich handelt es sich um eine Sorte, die nur in Aragón vorkam und folglich auch heute noch nur dort, nämlich ausschließlich in den Rebgärten der Bodegas Pablo (Cariñena) und der Vinae Mureri in der Nachbarregion Ribera del Jiloca vorkommt. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert hat man in den genannten Familienbetrieben auch den Vidadillo auf amerikanische Unterlagen gepfropft und ihn damit vor dem reblausbedingten Untergang gerettet. In früherer Zeit wurde die gleiche Sorte auch „Crespiello“ genannt, was sich vermutlich von den beiden spanischen Wörtern „crespo“  und „piel“ ableitet. „Crespo“ (lateinisch: crispus), bedeutet rau, rissig, kraus und „piel“ ist die Haut. Damit ist die Oberfläche der Beere auch schon beschrieben.

Man kann die Sorte bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen, allerdings scheint sie keinen besonders guten Ruf gehabt zu haben: bei Pablos erzählt man freimütig, dass es noch zu Zeiten der Großeltern  ein geflügeltes Wort gab: Vidadillo igual vinagrillo (Der Vidadillo ähnelt dem Essig). Grund genug die Rebsorte mehr oder weniger zu vergessen. Erst die Enteckung der Garnacha als einer Edelsorte, die, bei entsprechender Ertragsbegrenzung, zu großen Weinen fähig ist, hat das Augenmerk wieder auf den Vidadillo gelenkt: es stellte sich nämlich heraus, dass er sehr vieles mit der Garnacha gemein hat. Wie diese zeichnen sich die Stöcke, die ebenso als Büsche erzogen werden, durch sehr starkes Wachstum aus, was einen rigorosen Rebschnitt erfordert. Sie reift relativ spät, ist wenig empfindlich gegen Mehltau sowie Trockenheit und hat dickhäutige Beeren, die allerdings deutlich farbstoff- und tanninreicher als die der Garnacha sind. In Aragón hört oder liest man gelegentlich noch von Rebosorten namens Garnacha Basta, Garnacha de Grano Gordo, Romero oder Vitadillo. Dies sind alles Umschreibungen (Synonyme) der hier beschriebenen Vidadillo oder Crespiello, einer wahrhaft interessanten Entdeckung und Bereicherung der Weinkultur!

 

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