Der Wein und das Krebsrisiko

Meine frühere Tätigkeit als forschender Mediziner bringt es mit sich, dass mich medizinische Themen auch im Zusammenhang mit meiner anderen Leidenschaft, dem Wein, ganz besonders interessieren. Die Beiträge zu diesem Blog bezeugen dies ja sehr deutlich. Auch das Thema Wein und Krebs trifft bei mir auf großes Interesse, weil es ganz direkt mein früheres Arbeitsgebiet (Krebsforschung) betrifft.

Zur vorbeugenden Wirkung von Wein auf die Entstehung von Krebs gibt unzählige experimentelle Untersuchungen, die von Beobachtungen im Reagenzglas bis zur Krankenstatistik reichen. Im Mittelpunkt stehen dabei die sog. „Antioxydantien“. Diese, auch im Wein vorkommenden Substanzen (siehe Resveratrol) können Mutationen (genetische Veränderungen) in Zellen verhindern und daher nahmen Forscher an, dass sie auch in der Lage sein müssten die Entstehung von Krebs zu beeinflussen. Ein großes, ungeklärtes Problem ist allerdings ihre sog. Bioverfügbarkeit, d.h. werden sie in ausreichenden Mengen vom menschlichen Körper aufgenommen um eine Wirkung entfalten zu können, oder werden sie, ohne in die Blutbahn zu gelangen rasch wieder ausgeschieden?

Wesentlich intensiver ist die Kehrseite der Medaille untersucht: kann Wein das Krebsrisiko beim Menschen erhöhen? Die Antwort ist leider eindeutig: Ja, er kann! Der Bösewicht im Wein ist mal wieder der Alkohol. Mit einem besonderen statistischen Verfahren, der sog. Meta-Analyse, haben chinesische Forscher der  Universität in Hangzhou (Jin M, Cai S, Guo J und andere: Alcohol drinking and all cancer mortality: a meta-analysis. Annals of Oncology, 2013:807-16) bisher publizierte Daten untersucht und bestätigt, dass dosisabhängig Alkoholkonsum die Krebssterblichkeit erhöht. Ein kleines Trostpflaster gibt es allerdings: Weniger als 12, 5 Gramm Alkohol am Tag (entspricht einem Glas Wein) hat eher die entgegengesetzte Wirkung. Bei Frauen waren die Ergebnisse nicht so eindeutig und das mag mit dem häufig andersartigen weiblichen Konsummuster zusammenhängen.

Ich glaube, dass auch im Licht dieser neuesten Erkenntnisse die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Weinakademie vom August 2009 in Bezug auf Weinkonsum und Krebsrisiko noch volle Gültigkeit haben. Jeder interessierte Weinfreund sollte sie gelesen haben! Hier ist der entsprechende Link dazu.

Vergessen wir bitte nicht, dass in den sog. „westlichen Gesellschaften“ nur ein kleiner Teil der Bevölkerung Nicht-Trinker sind und, dass der Alkoholkonsum ein Teil unserer Kultur ist mit dem wir verantwortungsbewusst umgehen müssen. Mäßiger Konsum, insbesondere von Wein, kann die Lebensqualität erheblich verbessern und dadurch – trotz aller wissenschaftlich begründeten Einwände – auch einen wichtigen Beitrag zur Volksgesundheit liefern.

 

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