Der Januskopf unter den Schädlingen: Botrytis cinerea

Im Fachjargon nennt man sie auch „Rohfäule“ und meint damit den Schimmelpilz Botrytis cinera (Grauschimmel), der bei nasser Witterung die Beeren von noch nicht ausgereiften Trauben befallen kann. Auch verletzte Trauben, wie dies z.B. durch Hagelschlag oder den sog. „Sauerwurmfraß“ (dabei handelt es sich um die zweite Generation des sog.„Traubenwicklers“, einer häufigen Mottenart im Rebgarten) passieren kann, sind sehr empfindlich für den Grauschimmel. Das Resultat eines Botrytisbefalls kann verheerend sein: die Trauben werden weich und beginnen zu faulen. Bei anhaltendem Regen werden sie schließlich regelrecht ausgewaschen, d.h. sie verlieren Zucker und Extrakte; der resultierende Wein ist dann von minderer QualitätDemgegenüber kann in seltenen Fällen der gleiche Schimmelpilz (botrytis cinerea) bei ebenfalls feuchtem aber warmem Herbstwetter auf bereits reifen Trauben wahre geschmackliche Wunder vollbringen. Es entstehen nämlich Löcher und Risse in der reifen Beerenhaut durch die der wässrige Anteil des Traubeninhaltes verdunstet und ein Konzentrat der Aromastoffe bewirkt. Gleichzeitig „ernährt“ sich der Pilz vor allem von den Säuren der Trauben und gibt an den Saft Stoffwechselprodukte ab, die dem Wein dann den typischen Botrytis-Ton (Edelfäule) geben. Durch die genannten biologischen Vorgänge kommt es also zu einem gewissen Säureabbau und insgesamt zu einer erheblichen Reduzierung des Ertrages, die aber von der resultierenden Qualitätssteigerung durch Konzentration des Beerenmostes voll kompensiert wird.

Sowohl die Rohfäule als auch die Edelfäule kommen bei roten und bei weißen Trauben vor. Bei den roten ist allerdings jede Art von Botrytis-Befall unerwünscht denn er führt zu Veränderungen des Weingeschmacks, die im Zusammenhang mit den Rotweintanninen nicht hinnehmbar sind. Edelfäule kann allerdings bei Weißweinen zu ungeahnten Geschmackshöhen führen, die nicht nur die Haltbarkeit der Weine verbessern sondern im Handel auch astronomische Preise erzielen können. Beerenauslesen, Tokajer, Torcolato und Sauternes sind gute Beispiele dafür. Aufgrund der notorischen Trockenheit gibt es in Spanien kaum Botrytis. Gott sei Dank! Und gleichzeitig: zu schade!

 

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