Cava – eine prickelnde Verführung zum neuen Jahr

Cava Roger Goulart Reserva 2007

Als im Jahre 1879 im kleinen Städchen San Sadurní de Noya Josep Raventos, dessen Familie schon damals fast zwei Jahrhunderte im Weinbau tätig war, die erste Flasche seines neuen Schaumweins entkorkte, ahnte er wohl nicht, daß dies der Beginn einer Erfolgsstory sondergleichen für seine spätere Firma Codorníu und die ganze Region werden sollte. Raventos war ein großer Freund und Bewunderer des Champagner. Auf einer Studienreise in die Champagne hatte er sich das Herstellungsverfahren seines Lieblingsgetränkes genau angesehen, in Reims einige Gerätschaften gekauft und zuhause im Penedès mit den einheimischen Rebsorten zu experimentieren begonnen. Sein Wunsch war ein dem Champagner nachempfundenes Getränk herzustellen. In der ersten Begeisterung über den Erfolg, wurde der neue Schaumwein dann auch „champán“ genannt. So hieß er bis weit ins 20. Jahrhundert. Erst als die Exportmärkte interessant zu werden versprachen, besannen sich katalanische Marketingstrategen darauf, daß man sich vom Champagner absetzen und dem spanischen Schaumwein ein eigenes Profil verpassen müsse. Dies wurde dann im Rahmen der Europäischen Union sogar dringend notwendig, da die Bezeichnung „champán“, die Hispanisierung des Wortes Champagner, nur noch dem Originalprodukt aus Frankreich  erlaubt war.

Das spanische Wort „la cava“ bedeutet soviel wie „Graben“ oder „Höhle“ und wurde auch im übertragenen Sinne für „Gewölbekeller“ benutzt. Im 17. und 18.Jahrhundert bezeichnete „Cava“ die Getränkeverwaltung für die königliche Familie, einschliesslich des Wassers und des Weins. Dies gab ihm einen edlen Klang. Wie die Franzosen die Region „La Champagne“ zum „Le Champagne“, dem Champagner, maskulinisiert haben, verfuhren die Spanier mit dem Wort „cava“. El Cava, der Cava, ist heute der Name des besten spanischen Schaumweins. 1972 wurde das erste Kontrollorgan für Schaumweine (Consejo Regulador de los Vinos Espumosos) gegründet. 1986 folgte dann eine Präzisierung der Behörde auf den Cava und im November 1991 trat das heute gültige „Reglamento de la Denominación Cava“ (Das Gesetz zur Herkunftsbezeichnung Cava) in Kraft. In acht verschiedenen spanischen Provinzen werden über 200 Millionen Flaschen Cava produziert – mit zunehmender Tendenz. Davon wird knapp die Hälfte im eigenen Lande konsumiert.

Die Vielfalt der Regionen und die große Anzahl der Cava-produzierenden Kellereien täuscht über das größte Problem der Cava-Wirtschaft hinweg: die Konzentration der Produktion auf zwei Hersteller. Die Kellereien Codorníu und Freixenet, die beide noch „Familienbetriebe“ sind, teilen sich zusammen mit ihren jeweiligen Zweitunternehmen etwa 70 % des gesamten Cava-Marktes. Danach kommen ca 20 Kellereien die zusammen 16 % des Gesamtumsatzes machen. Die restlichen 14 %, d.h. etwa 20 Millionen Flaschen, teilen sich auf 248 kleine Kellereien auf.

Im Mittelpunkt der Cava Herstellung steht die „Méthode champenoise“ oder wie die Spanier diesen Prozess selbstbewußt nennen, „método tradicional“. Das Kernstück dieses Vorgangs ist die s.g. „zweite Gärung“ in der Flasche. Nach der assemblage, d.h. nach dem Verschnitt des jungen Stillweins, wird dieser in die dickwandigen Flaschen gefüllt, und nach Zugabe des Fülldosage (span: tiraje) mit Kronkorken verschlossen. Die Zugabe von Hefen, die ohne Sauerstoff gedeien und Zucker bewirkt eine zweite Gärung (Flaschengärung). Gegen Ende des Gärprzesses werden die Flaschen in einem Rüttelpult langsam auf den Kopf gestellt, damit sich die Hefen im Hals unter dem Verschluß sammeln.

Nach dem Degorgieren (span: degüelle), d.h. dem Entfernen der Hefen mittels Einfrieren des Inhalts im Flaschenhals und Öffnen der Flasche, wird der Versanddosage (span: licor expedición) zugesetzt. Gemäß den Vorschriften für die Cava-Herstellung darf dieser letzte Zusatz Saccharose (Rohrzucker, Rübenzucker), Traubensaft, halbvergorenen Most bzw. ein Konzentrat davon, den Grundwein oder eine beliebige Kombination von allen genannten Stoffen enthalten. Erlaubt ist weiterhin der Zusatz eines Weindestillats, jedoch darf dadurch der Gesamtalkoholgehalt des Cava um nicht mehr als 0,5 % steigen.

Es gäbe den Cava ohne den Champagner nicht. Die cleveren Cava-Produzenten haben aber schliesslich auch dem Champagner etwas zurückgegeben. Sie erfanden nämlich einen Stahlrahmen, in dem etwa 500 Flaschen Platz finden und der von zwei Personen in regelmäßigen Zeitabständen per Hand gewendet werden kann bis der erforderliche Winkel entsteht bei dem die Hefen auf dem Inneren des Kronkorkens zu liegen kommen. Nachdem sich herausstellte, daß die Qualität des Pruduktes durch dieses Verfahren in keiner Weise verändert wurde hat dieses „girasol“ (Sonnenblume) genannte Gerät die alten Rüttelpulte auch in der Champagne fast überall ersetzt. Mittlerweile braucht es zum wenden des Girasol noch nichteinmal mehr Menschenhände: kleine computergesteuerte Motoren erledigen dies.

Der Charakter, Aroma und Geschmack eines Cava wird von vielen Faktoren beeinflußt. Die wichtigsten sind (1) die Rebsorten der Grundweine und ihr Verhältnis untereinander in der assemblage. (2) Die Qualität der Hefen in dem Fülldosage und die Dauer der Reifung auf der Flasche; dadurch werden Bläschengröße und -intensität sowie die Entwicklung der typischen Hefenoten und die Geschmackskomplexität bestimmt. (3) Die Zusammensetzung des Versanddosage bestimmt nicht nur den Zuckergehalt (siehe Kasten) des Cava sondern gibt ihm auch die für jedes Haus und jede Marke spezifischen Geschmacksnuancen. Im Gegensatz zum Champagner, der bei guten Sorten, vier bis sechs Jahre oder länger reifen kann, verträgt der Cava im allgemeinen deutlich weniger Zeit auf der Hefe.

Es ist Geschmacksache ob man die reifen Trockenfrucht- oder Mandeltöne im Cava mag oder nicht, eins ist jedoch sicher, sie sind ein untrügliches Zeichen der Oxydation. Man hat, analog zum spanischen Wein, auch beim Cava die Begriffe „reserva“ und „gran reserva“ eingeführt, um dem Verbraucher etwas über die Dauer des Reifeprozesses auf dem Etikett mitzuteilen. Eine „reserva“ muß mindestens 18 Monate und eine „gran reserva“ mindestens 30 Monate auf der Hefe gereift sein. Das ist dann aber auch meistens genug, Flaschenreife über drei Jahre hinaus gereicht dem Cava meist nicht mehr zum Vorteil. Im übrigen ist der Cava umso besser je früher er nach seiner endgültigen Verkorkung getrunken wird. Eine „zweite“ Flaschenreifung findet nicht statt. Im Idealfall sollten sechs Monate nicht vergehen, dies ist aber – wegen der fehlenden Kennzeichnung des Verkorkungsdatums – meist nicht sicher einzurichten. Auf jeden Fall sollte man Cava im Keller aufrecht stehend lagern, denn das Kohlendioyd – die Kohlensäure – greift die Korken an und macht sie brüchig.

Der Zuckergehalt des Versanddosage und die Cava-Typen

 Brut nature: der trockenste aller Cavas mit 0 – 3 Gramm Zucker pro Liter (g/l). Dieser Cava hat kein Dosage erhalten, die Schulter wird lediglich mit dem gleichen Produkt aus einer anderen Flasche aufgefüllt.

Extra brut und Brut: 0 bis 6 g/l bzw. 0-12 g/l Zucker. In dieser Kategorie befinden sich viele der beliebtesten und besten Cavas. Hier sind die großen Qualitätsprodukte angesiedelt.

Extra seco und seco: Trotz ihres Namens sind dies bereits deutlich süße Cavas mit einem Zuckergehalt von 12 bis 20 g/l bzw, 17 bis 35 g/l)

Semiseco: mit 35 bis 50 g/l Zucker, also deutlicher Süße, ist diese Gruppe im In- und Ausland der Verkaufsschlager schlechthin.

Dulce: der Zuckergehlt dieser sehr seltenen Cavas liegt über 50 g/l.

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