Gedanken zum Korken: Spaniens Korkeichenwälder

Sie sind von ganz eigenartigem Reiz und auf eine magische Weise Inbegriff südlicher, iberischer Landschaft: die Korkeichenwälder. Unter ihrer schwarz-grauen Rinde erscheinen nach der Korkernte sandfarbig leuchtende Stämme, die das Sonnenlicht golden reflektieren. Man findet sie in den Bergen um Jabugo in der Provinz Huelva ebenso wie in der Extremadura und im Südosten Andalusiens. Häufig sind in ihrer Nähe die Gehege der schwarzen, iberischen Schweine. Diese Tiere werden mit den Eicheln der Korkeichen gefüttert und liefern dann eine der größten spanischen Delikatessen, den „jamón ibérico“ – den iberischen Schinken.

Der Kork als Verschluß von Weinflaschen erscheint wie eine naturgegebene Symbiose von Materialien, dabei war dies nicht immer so. Zwar kannten die Phönizier und die Römer bereits Korkverschlüsse für ihre Amphoren aber für Weinflaschen ist der Korken erst im 18. Jahrhundert erfunden worden. Es war der geniale Mönch und Kellermeister der Abtei von Hautvillers in der Champagne, der 1715 verstorbene Dom Perignon, der mit Korken als Flaschenverschluss experimentierte. Er suchte den richtigen Stopfen für seine grösste Erfindung, den Champagner. Nachdem es bei diesem Getränk gut funktionierte, begann der Siegeszug des Korken auch beim Stillwein.

Stellen wir mal eine kleine Rechenübung an: Wenn etwas mehr als die Hälfte der Weltweinproduktion auf Flaschen gefüllt wird und davon dann zwei Drittel mit einem Korken verschlossen werden, braucht die gesamte Weinindustrie zwischen 12 und 12,5 Billionen Korken im Jahr. Das ist eine Zahl mit neun Nullen am Ende! Mitte des 18. Jahrhunderts begann die industrielle Korkherstellung in Südfrankreich, man benutzte das Material der Korkeichen aus den nördlichen Pyrenäen. Bald stellte sich aber heraus, daß die Korken aus Südspanien und Portugal qualitativ wesentlich besser waren und heute produzieren Spanien und Portugal zusammen ungefähr 70 Prozent des Weltbedarfes. Die großen Korkfabriken in Spanien liegen allerdings fast alle in Katalonien.Ursprünglich waren die Korken konisch zugeschnitten und wurden mit einer Art Holzhammer in die gefüllten Flaschen getrieben. Am Beginn des 19. Jahrhunderts wurde dieser Vorgang dann mechanisiert und die, noch heute gebräuchlichen, zylindrischen Korken hielten Einzug.

So ideal das Material der Rinde der Korkeiche zum Verstöpseln von Wein- und Sektflaschen auch ist, birgt es doch eine ganze Menge Probleme in sich. Das vielleicht gravierendste ist seine limitierte Verfügbarkeit. Die Korkeiche hat eine durchschnittliche Lebenszeit von 100 bis 150 Jahren. Die erste Rinde kann man etwa nach dreissig Jahren ernten und dann wieder alle zehn Jahre. Die Rinde benötigt schliesslich eine Dicke von mindestens 26 Millimetern wenn man daraus Korken mit dem üblichen Durchmesser von 24 Millimetern längs herausschneiden will. Das zweite große Problem ist der sogenannte „Korkschmecker“, der relativ häufig auftritt. Passionierte Weintrinker geben aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung die Häufigkeit dieses Fehltons bzw. -geschmacks zwischen ein und zehn Prozent an. Daraus wird schon deutlich, dass Korkhersteller und Winzer ein wirkliches Problem haben. Man hat versucht die Gründe für den gelegentlichen Korkton im Wein wissenschaftlich zu erforschen. Natürlich ist nicht jeder Fehlton ein Korkschmecker und es erfordert etwas Erfahrung diesen eindeutig zu erkennen. Praktisch immer macht er den Wein ungeniessbar und ich kann nur empfehlen, diese Flasche so schnell wie möglich zu entsorgen. Es gibt kein Rezept einen Korkschmecker zu neutralisieren und es hiesse dem Weingenuss grobe Ungerechtigkeit widerfahren zu lassen, einen „korkigen“ Wein zu trinken. Die feinen Primäraromen der Traubenfrucht verschwinden, der Wein wird stumpf und unattraktiv. Die „Korkaromen“ sind nicht flüchtig sondern im Wein gelöst und lassen sich nicht, wie manch andre Fehltöne, durch lüften beseitigen. Die bekannten Gründe für Korkschmecker sind vielfältig. So können z.B. Bakterien das organische Gewebe des Korkens angreifen und zerstören, das gleiche kann gelegentlich sogar durch die Säure des Weins passieren. Am wichtigsten scheinen jedoch nach heutiger Kenntnis ein Art Schimmelpilze zu sein, die sich aktivieren und als ein Abbauprodukt das „Trichloranisol“ (TCA) bilden. Dieses TCA bewirkt schon in allerkleinsten Konzentrationen den typischen Geruch und Geschmack.

Der Korkverschluss einer Weinflasche hat etwas besonderes. Er scheint zum Wein zu gehören wie Holzfuder oder Barriques. Es klingt schon absonderlich wenn man liest, daß bekannte Kellereien auf Kronkorken oder metallene Schraubverschlüsse für ihre Flaschen übergegengen sind. Und dennoch werden wir uns wohl mittelfristig auf diese Flaschenverschlüsse einstellen müssen. Die immer rarer werdenden Korkeichen und der Korkschmecker verlangen nach Alternativen. Ich bin sicher, daß wir „nur“ unsere romantische Ader beim Weinkonsum in Schach zu halten brauchen um moderne Flaschenverschlüsse zu akzeptieren. Schliesslich sind sie zum Vorteil für unseren Genuß entwickelt worden! Sie helfen letztendlich auch etwas von der Typizität der spanischen Landschaft zu erhalten, zu der Korkeichen gehören wie die Fichten zu den nordischen Wäldern.

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